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Gegenpole

Seehofer und Merkel strapazieren die Union in der Asylpolitik

Das Signal, das Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch aussendete, war bemerkenswert. Eigentlich sollte er auf dem Integrationsgipfel im Kanzleramt sein, doch er traf sich anstelle dessen mit dem österreichischen Kanzler Sebastian Kurz und sprach mit ihm über eine Verstärkung von Grenzkontrollen.

Es war das erste Mal, dass ein Innenminister dem jährlich stattfindenden Gipfel mit den großen Migrantenverbänden fernblieb. Seehofer schickte lediglich seinen Staatssekretär dorthin. Die Prioritäten setzt der Ministers offenbar anderweitig. Integration ist nachrangig, oberstes Ziel ist die Abwehr neuer Geflüchteter. »Ich habe eine Verantwortung für dieses Land, nämlich dass wir steuern und ordnen«, sagte er noch am Vortag. »Und ich kann das nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben.«

Seehofers Absage dürfte vor allem mit dem wieder ausgebrochenen Konflikt in der Union über die Asylpolitik zu begründen sein - und nicht die Anwesenheit der ihm missliebigen Journalistin Ferda Ataman auf dem Gipfel, wie er vorgab. In dem Streit mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) besteht Seehofer darauf, jene Flüchtlinge nicht mehr ins Land zu lassen, die bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben. Dafür müssten die deutschen Grenzen wieder kontrolliert werden. Merkel sprach sich dagegen für eine europäische Regelung aus und hofft, dass ein EU-Gipfel Ende Juni in der Frage Fortschritte bringen wird.

Eigentlich wollte Seehofer bereits am Dienstag seinen sogenannten »Masterplan Migration« vorstellen, eine 63 Punkte umfassende Agenda. Doch Merkel intervenierte, so dass der Innenminister die Präsentation verschieben musste. Dies sorgte in der Union für viel Unmut. Auf der am Dienstagabend stattfindenden Fraktionssitzung erhielt sie keinerlei Unterstützung für ihre Kritik an den Plänen Seehofers - auch nicht aus den Reihen der CDU. Teilnehmer berichteten, elf Abgeordnete hätten sich für Seehofers Pläne ausgesprochen, nur zwei Wortmeldungen seien neutral gewesen. Innerparteilich steht die Kanzlerin damit erheblich unter Druck.

Nun erklärte Seehofer im Anschluss an die Sitzung, er habe sich gemeinsam mit der Kanzlerin vorgenommen, die Meinungsverschiedenheiten umgehend auszuräumen. Er bekräftigte aber zugleich, »schräge Kompromisse« nicht mittragen zu wollen. Auch Merkel erklärte sich zwar grundsätzlich dazu bereit, Seehofers »Masterplan Migration« zu unterstützten, sie wies aber zugleich auf ihre Verantwortung hin, die sie für die CDU, die Union, das Land und Europa habe. Sorgfältig habe sie zwischen nationalen und europäischen Interessen abzuwägen. Nach einer raschen Einigung sieht es derzeit also nicht aus - zu unterschiedlich sind die Auffassungen.

Mehr Einigkeit herrschte dagegen auf dem Treffen zwischen Seehofer und dem österreichischen Kanzler Kurz. Auch dort ging es vor allem um Migration. Kurz äußerte die Hoffnung auf eine gute Zusammenarbeit zwischen Rom, Wien und Berlin, um eine weitere Zuwanderung aus dem Mittelmeerraum einzudämmen. »Wir brauchen eine Achse der Willigen«, erklärte er. Österreich übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft, und Kurz schmiedet offenbar schon neue innereuropäische Allianzen.

Merkel reagierte auf diese Forderung zurückhaltend. Ihr Sprecher Steffen Seibert sagte, er kenne diesen Vorstoß nicht und betonte noch einmal das Ansinnen der Kanzlerin: Sie trete für eine gemeinsame europäische Lösung in der Flüchtlingspolitik ein. Es gehe um Europa und die Freizügigkeit im Schengenraum. Davon wolle sie nicht abweichen.

Trotz aller Unterschiede zeichnet sich dennoch eine Schnittmenge zwischen Merkel, Seehofer und Kurz ab - und die liegt in einer besseren Sicherung der EU-Außengrenze, um eine weitere Migration nach Europa zu verhindern. Eine effiziente Abschottung würde die von Merkel gewünschte innereuropäische Freizügigkeit bewahren. Die Ankündigung der EU-Kommission vom Dienstag dürfte diesem Ansinnen entgegenkommen. Die Kommission will nämlich die Mittel für den Schutz der Außengrenzen kräftig aufstocken. In den Jahren 2021 bis 2017 sollen dafür 21,3 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, insbesondere der Ausbau der Grenzschutzagentur Frontex soll damit vorangebracht werden.

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