Merkel schlägt bilaterale Asyl-Vereinbarungen vor

Kompromissvorschlag im Streit mit Bundesinnenminister Seehofer vorgelegt

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat im Streit mit Bundesinnenminister Horst Seehofer nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Demnach geht es unter anderem darum, bilaterale Vereinbarungen mit den EU-Ländern zu schließen, die am meisten Flüchtlinge aufnehmen. Das Ziel ist es, eine juristisch wasserdichte Rückweisung von Migranten an der deutschen Grenze zu ermöglichen, die schon in anderen EU-Ländern Asylverfahren durchlaufen haben. Laut dpa hat es noch keine Entscheidung in dem Streit gegeben. Es hieß, die CSU habe ihre Linie gehalten. Was dies konkret bedeutet, war jedoch nicht klar.

Mehrere Länder mit Unions-Ministerpräsidenten pochen auf eine Abweisung von in anderen EU-Staaten registrierten Asylbewerbern bereits an der Grenze. Sie schließen sich damit einer Forderung Seehofers und des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (ebenfalls CSU) an, die hiermit auf Konfrontationskurs mit der Kanzlerin sind. Die beiden Politiker dringen auf eine Verschärfung der Migrationspolitik, eine Lage wie 2015 mit offenen Grenzen darf sich aus ihrer Sicht nicht wiederholen. Merkel dagegen befürwortet eine europäische Lösung, keine nationale Lösung.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mahnt eine europäische Lösung an und stellt sich hinter Kanzlerin Angela Merkel (CDU). »Wenn Merkel für eine europäische Lösung eintritt, dann hat sie meine Unterstützung«, sagte Laschet. Wenn bereits in anderen EU-Staaten registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze abgewiesen werden, könne das dazu führen, »dass am Ende das ganze System unkontrollierbar wird«, sagte Laschet am Donnerstag im ARD-»Morgenmagazin«. Er forderte im Streit zwischen Merkel und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eine »maximale Sachlösung«.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer betonte im ZDF-»heute-Journal«, die Kanzlerin habe in der Fraktion gesagt, sie suche eine Lösung, die nationalen und europäischen Interessen gerecht werde. Es gehe darum, die Migrationsbewegung besser zu kontrollieren, als dies bisher der Fall gewesen sei. Das Anliegen Merkels sei es, dass dies in einer Art geschehe, die Europa zusammenhalte. Möglicherweise nicht mit allen 28 EU-Staaten, aber mit den am stärksten betroffenen Staaten wie Italien oder Griechenland könne man zu bilateralen Vereinbarungen kommen, die im Grund das gleiche Ziel erreichten, wie es die CSU habe, aber in einem europäischen System, erklärte Kramp-Karrenbauer. Daran müsse gearbeitet werden.

Merkel hat in diesen Tagen Gelegenheit, an einem solchen Modell zu arbeiten. Nach einem Treffen mit dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz in den vergangenen Tagen trifft Merkel am Montag den neuen italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte und am Dienstag den als Europa-Reformer bekannten französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Nach dpa-Informationen war die von Kramp-Karrenbauer skizzierte Kompromisslinie jene, mit der Merkel in die Verhandlungen mit Seehofer sowie Söder gegangen ist. Solche bilateralen Flüchtlingsvereinbarungen gebe es etwa zwischen Frankreich und Italien, sagte Kramp-Karrenbauer. Diese Möglichkeiten müssten ausgelotet werden, bevor man auf nationale Alleingänge setze. Wenn die Rückweisung von Frankreich nach Italien auf der Grundlage eines bilateralen Abkommens gelinge, könne das auch eine europäische Lösung sein. Es gehe um Vereinbarungen mit den bei dem Thema relevanten Ländern. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.