Fake-News-Gesetz schränkt Pressefreiheit ein

Verfassungsklage in Frankreich gegen den Schutz von Geschäftsgeheimnissen

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Unter dem griffigen Slogan des Kampfes gegen Fake News soll in Frankreich verhindert werden, dass vor allem übers Internet in großem Umfang Falschmeldungen verbreitet werden. »Dieses Gift droht unsere Demokratie zu zersetzen«, hieß es zur Begründung. Das Gesetz soll allerdings nur drei Monate vor einer Parlaments- oder Europawahl und bis zum Ende dieses Votums gelten. Damit ist klar, dass es hier um eine Konsequenz aus den Manipulationen um die Präsidentschaftswahl 2016 in den USA geht. Doch auch bei der französischen Präsidentschaftswahl 2017 spielten im Internet verbreitete Fake News eine Rolle.

So wurde unterstellt, Emmanuel Macron sei homosexuell und die Ehe mit Brigitte nur eine Tarnung. Weil das in Umfragen Wirkung zu zeigen begann, hat Macron das auf einem Meeting offen angesprochen und durch einen Scherz wirksam entkräftet. Als jedoch in der Fernsehdebatte mit Marine Le Pen die FN-Kandidatin das gerade erst im Internet aufgekommene Gerücht aufgegriffen hat, wonach Macron ein geheimes Bankkonto auf den Bahamas besitzen soll, hat dieser umgehend eine Verleumdungsklage gegen Unbekannt eingereicht. Dass die Justiz diese Klage bis heute nicht abschließend behandelt hat, zeugt davon, wie schwierig solche Fälle aufzuklären sind.

In den USA wie in Frankreich spielten der Fernsehsender Russia Today und die Nachrichtenplattform Sputnik, die beide dem Kreml nahestehen und von dort finanziert werden, eine Rolle bei der Verbreitung, wenn nicht sogar als Urheber solcher Falschmeldungen. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wladimir Putin im Mai 2017 im Schloss von Versailles hat Emmanuel Macron Russia Today und Sputnik als »Propagandaorgane« abqualifiziert - wobei Putin keine Miene verzog.

Das neue Gesetz soll für die Zukunft solche Eingriffe in den Wahlkampf verhindern, indem beim Auftauchen von Verleumdungen oder Falschmeldungen der betroffene Kandidat oder seine Partei die Justiz anrufen kann und ein Richter im Schnellverfahren innerhalb von 48 Stunden ein Urteil fällen muss. Ausdrücklich ist im Gesetzestext vorgesehen, dass ausländischen Fernsehsendern in solchen Fällen kurzfristig die Lizenz entzogen werden kann.

Kritik an dem Fake-News-Gesetz kommt vor allem von den linken Parteien, aber auch von Journalisten, die dadurch die Meinungs- und Pressefreiheit eingeschränkt sehen. Sie argumentieren, dass das Gesetz von 1881 über die Pressefreiheit bereits Verleumdung und die Verbreitung falscher Nachrichten unter Strafe stellt, und dass sich dieses Gesetz bewährt hat. »Immer neue Gesetze bringen immer kompliziertere Bedingungen für die Medien und schränken gewollt oder ungewollt die Informationsfreiheit ein«, meint Pauline Adés von der Organisation Reporter ohne Grenzen.

Dieselbe Kritik richtet sich gegen das vergangenen Donnerstag angenommene Gesetz, mit dem die EU-Direktive von 2016 über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen in französisches Recht überführt wird. Angeblich soll es nur Wirtschaftsspionage verhindern, doch tatsächlich wird dadurch auch die Aufdeckung von Steuerflucht, Betrug und anderen Straftatbeständen erschwert und grundsätzlich unter Strafe gestellt, erklären nicht nur die Journalisten als unmittelbar Betroffene, sondern auch Gewerkschaften und Verbraucherverbände. Die Parlamentsfraktion der Kommunistischen Partei reicht am heutigen Montag beim Verfassungsrat eine Klage ein, um die Vereinbarkeit dieses umstrittenen Gesetzes mit dem Grundgesetz prüfen zu lassen.

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