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Buntes Dorffest gegen rechtsnationales AfD-Treffen
Hundert Einwohner protestieren im Ort Burgscheidungen
Burgscheidungen. AfD-Politiker wie die Parteichefs Jörg Meuthen und Alexander Gauland, Björn Höcke und André Poggenburg sind im Süden Sachsen-Anhalts zum Kyffhäusertreffen des rechtsnationalen »Flügels« der Partei zusammengekommen. Auf Einladung der beiden AfD-Rechtsaußen Poggenburg und Höcke versammelten sich am Samstag nach Polizeiangaben rund 1.000 Teilnehmer auf dem abgeschotteten Schlossgelände in Burgscheidungen. Darunter war auch der Begründer des fremdenfeindlichen Dresdner Pegida-Bündnisses, Lutz Bachmann. Die Veranstaltung war nicht-öffentlich.
Aus Protest gegen das Treffen gab es in dem kleinen Ort Burgscheidungen ein buntes Stadtfest. Bei einem sogenannten Friedensspaziergang ließen nach Polizeiangaben rund 80 Einwohner und Unterstützer bunte Luftballons steigen, um gegen Rechts zu demonstrieren.
»Es ist wichtig, dass Ihr noch mehr werdet. Es ist wichtig, dass ihr Euch wehrt gegen die Menschen, die unser friedliches Zusammenleben klauen wollen«, appellierte der frühere Bürgermeister des 50 Kilometer entfernten Ortes Tröglitz, Markus Nierth, an die Teilnehmer. »Das ist kein harmloses Treffen«, sagte er mit Blick auf die »Flügel«-Veranstaltung. Nierth war vor drei Jahren bundesweit bekannt geworden, als er sich gegen NPD-angeführte Demos gegen eine geplante Asylunterkunft in seinem Ort engagierte - und schließlich zurücktrat. Seither engagiert sich Familie Nierth an vielen Stellen gegen Rechts.
Die Strömung »Flügel« gilt als rechteste und nationalste innerhalb der AfD. Nach Angaben des Mitorganisators und früheren sachsen-anhaltischen Landeschefs Poggenburg ist sie vor allem in Ostdeutschland stark. »Mitteldeutschland ist Flügel-Land, das gilt noch nicht für die ganze Bundes-AfD«, sagte er. Ein Ziel des Treffens sei daher, mehr Mitstreiter im Westen zu gewinnen. Außerdem setze man ein Zeichen, dass seit der Aufhebung des sogenannten
Kooperationsverbots keine Distanz mehr zu Bündnissen wie Pegida bestehe. Seit März gibt es das Kooperationsverbot nicht mehr, seitdem dürfen AfD-Politiker bei Kundgebungen des Pegida-Bündnisses auftreten.
Für den wenige Hundert Einwohner zählenden Ort Burgscheidungenbedeutete das Treffen vor allem: viel Betrieb. Die Polizei, die laut einem Sprecher mit etwa 150 Beamten im Einsatz war, riegelte den Ort ab und ließ nur Teilnehmer der Veranstaltungen durch. Autos mit Kennzeichen aus ganz Deutschland säumten den Straßenrand. Vor dem Schlossberg standen bei Dauerregen stundenlang zahlreiche Menschen vor dem Ort des Kyffhäusertreffens an. Neben vielen älteren Männern waren auch Jugendliche und junge Frauen unter den Wartenden. Als sich die Tore verspätet schlossen, drangen als erstes frenetische »Höcke, Höcke«-Sprechchöre nach außen.
Im Ort selbst waren Kirche, Kindergarten und Sportplatz geöffnet. »Es herrschen ja immer Vorurteile über den ländlichen Raum, und diese Vorurteile gilt es aufzubrechen. Es sind hier ausgesprochen gastfreundliche, offene, engagierte Bürger in den Dörfern«, sagte Mitorganisatorin und Pfarrerin Anne-Christina Wegner. Zu dem Fest reisten auch mehrere Abgeordnete von Grünen und Linken sowie der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), an. »Es ist gerade eine Zeit, wo wir das Gefühl haben, Europa kommt uns abhanden und das Nationale, ja, das Nationalistische sogar gewinnt wieder die Überhand«, sagte er. Es gelte, die europäische Fahne hochzuhalten und ein friedliches Zusammenleben zu organisieren.
Nach der Abreise von Gauland, der erst am Nachmittag zum Treffen gekommen war, traten laut einem Polizeisprecher viele Teilnehmer die Rückreise an. Die Polizei habe ihren Einsatz daraufhin beendet. Bis auf einen Zwischenfall seien die Veranstaltungen friedlich verlaufen: Eine freie Journalistin sei von einem abreisenden AfD-Anhänger geschubst und beleidigt worden. Ihre Kamera wurde beschädigt. Die Journalistin sei nicht verletzt worden. dpa/nd
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