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  • Diversity House bei der Fußball-WM

Versteckt im Hinterhof

Olga Poljakowa arbeitet in St. Petersburg im Diversity House. Geheimdienst und Polizei bereiten ihr einige Probleme

Sie haben seit dem 16. Juni das »Diversity House« geöffnet. Wie viele Leute kommen denn jeden Tag?
So um die 50 sind es sicherlich. Viele Einheimische sind dabei, aber auch Gäste aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Brasilien oder Finnland.

Haben die meisten Besucher einen LGBT-Hintergrund?
Das weiß ich nicht, wir fragen nicht danach. Viele sind auch Journalisten. Ein paar Leute von uns fänden es besser, wenn da mehr »normale Leute« zu uns kämen. Es gibt Informationsveranstaltungen von lokale Initiativen, Vorführungen, manchmal schauen wir hier auch einfach nur Fußball.

Olga Poljakowa

Olga Poljakowa ist 30 und arbeit für die NGO »Trawa«, die in St. Petersburg für die WM das Diversity House eröffnet hat. Das Haus soll »ein sicherer Ort sein für Fans und Einheimische mit Partys, Ausstellungen und Diskussionen über die Vielfalt in Fußball und Gesellschaft«. Es steht in der Tradition der »Pride Houses« bei Olympischen Spielen, wo auf Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendermenschen (LGBT) aufmerksam gemacht wurde. Jirka Grahl sprach mit Poljakowa, die sich als Aktivistin der »zivilen Bildung« sieht.

Das »Diversity House« ist ein wenig schwer zu finden hier in St. Petersburg in der Graschdanskaja Ulitsa. Man geht über einen Hof und erst dort steht das erste Schild. Eine Vorsichtsmaßnahme, weil die LGBT-Community in Russland so angefeindet wird?
Ach nein, das hat damit nichts zu tun: Es kostet einfach viel Geld und einiges an Aufwand. Ein Schild auf der Straße aufzustellen, bedeutet viel Bürokratie zu erledigen. Und da wir kurzfristig noch umziehen mussten, konnten wir uns um so etwas nicht kümmern. Und wie gesagt, bezahlen muss man dafür auch noch.

Ihr Umzug geschah sehr plötzlich. Wieso?
Wir hatten Räume, die nur 50 Meter von der Fanzone entfernt waren. Dort hatten wir schon einige Veranstaltungen abgehalten, als eines Tages ein paar Leute vom FSB (Geheimdienst - d. Red.) kamen und sich umsahen. Kurz darauf kündigte uns der Eigentümer und wir mussten kurzfristig die Räume verlassen.

Wegen der Dinge, die Sie in den Veranstaltungen thematisieren?
Dafür habe wir keinen wirklichen Beweis, aber wie sollten wir den auch haben? Es könnte schon sein.

Haben Sie in den neuen Räumen schon Besuch vom Geheimdienst gehabt?
Ich glaube nicht.

Rechnen Sie noch damit?
Ach, ich kann das nicht sagen. Wir heißen jeden willkommen, das ist unser Prinzip.

Vielleicht kommt der FSB am Montag vorbei, wenn es um die Antifas aus St. Petersburg geht, denen vorgeworfen wird, eine Terrororganisation gegründet zu haben? Den Mitgliedern der Gruppe drohen lange Gefängnisstrafen. Sie sagen wiederum, sie seien unter Folter des FSB zu Aussagen gezwungen worden.
Das ist ein schwieriges Thema, das am Montag ansteht. Da sind wir schon gespannt, wer vorbeikommt.

Ist die WM 2018 für Ihre NGOs eigentlich hilfreich oder kontraproduktiv?
Wir glauben, dass es gut ist. Es ergeben sich Foren für Leute, die miteinander reden wollen. Diejenigen, die hierherkommen, sind sehr sehr offen, auch die Ausländer.

Im Internet schreiben russische Kommentatoren, das Ausland solle sich nicht davon täuschen lassen, dass Russland sich im Moment so locker und unkompliziert gibt. Nette Polizisten, beispielsweise. Ist die WM ein Ausnahmezustand?
Ja, also die Polizei ist schon problematisch, gerade, was politische Äußerungen betrifft. Und die Touristen dürfen ja auch nicht alles: Eine Frau aus Iran ist in Kasan festgenommen worden, weil sie auf einem Schild gegen das Stadionverbot von Frauen im Iran protestiert hatte. Fans ja, Politik nein, die Polizei ist da auch jetzt unheimlich strikt.

Ist es nicht so, dass die Fans Rechte haben, die sonst niemand in Russland hat, Versammlungsfreiheit beispielsweise?
Ach naja, das sehe ich nicht so symbolisch. All der Jubel ist ja unpolitisch. Ich sehe eher, dass die Fans hier manche Freiheit etwas zu sehr ausnutzen. Ich meine damit: Nachts grölend durch eine Stadt zu ziehen, deren Einwohner schlafen wollen, ist auch nicht so toll. Da würde ich mir etwas mehr Rücksicht wünschen.

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