Noch wärmer als bisher prognostiziert
Studie warnt vor Unterschätzung des Klimawandels
Es ist ein Klimaforschungsprojekt neuer Art: In Bern trafen sich im April 59 Wissenschaftler aus 17 Ländern, um sich über frühere Wärmeperioden auszutauschen. In dem Projekt unter Schirmherrschaft der University of New South Wales (Australien), der Universität Bern (Schweiz) und der Oregon State University (USA) wurden erstmals paläoklimatische Langzeitdaten in die Erarbeitung eines neuen Klimamodells einbezogen. Die Ergebnisse wurden nun in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift »Nature Geoscience« veröffentlicht.
Die Untersuchungen ergaben, dass die Erde in den vergangenen 3,5 Millionen Jahren mehreren Warmphasen ausgesetzt war, in denen die durchschnittliche Temperatur um nicht mehr als 0,5 bis 2 Grad Celsius höher war als die des vorindustriellen Zeitalters - was etwa den Zielen des Pariser Klimaabkommen entspricht. Erkundungen an Eisbohrkernen und Fossilien zeigten, dass sich in diesen Phasen sowohl Klimazonen als auch Ökosysteme verschoben. Laut der Studie erwärmten sich die hohen nördlichen und südlichen Breiten stärker als die Tropen. In der Folge schmolz das Eis an den Polkappen ab und auch größere Teile des Dauerfrostbodens tauten auf. Im Resultat wurden mehr Treibhausgase frei, was die Erderwärmung noch verstärkte.
»In kurzfristigen Klimamodellen werden diese Daten nicht einberechnet. Wir befürchten, dass die Folgen drastischer ausfallen als bislang angenommen«, erklärt die Leitautorin der Studie, Kathrin Meissner vom Institut für Klimaveränderungsforschung der University of New South Wales. Daher dürfte das Ziel von Paris, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen, zu kurz gegriffen sein. Zumal es bereits Anzeichen gibt, dass etliche Staaten - darunter die großen Industrienationen - ihre eigenen Vorgaben nicht einhalten.
Laut der Studie wird der Meeresspiegel durch das Abschmelzen des Meereises einen Anstieg um über sechs Meter verzeichnen und mehrere Tausend Jahre auf diesem Niveau verharren. »Ein Großteil der Weltbevölkerung, die Wirtschaft und Infrastruktur der Küstenregionen werden betroffen sein«, so Alan Mix von der Oregon State University.
Im Resümee schreiben die Wissenschaftler, dass die Pariser Ziele unbedingt einzuhalten sind. Wenn möglich sollten sie in diesem Jahrhundert unterboten werden.
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