Das Kreuz mit dem Söder

Was wird einst vom fränkischen Ministerpräsidenten in Bayern bleiben - vielleicht das Kruzifix in den Amtsstuben?

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Was wird einst in Erinnerung bleiben von Markus Söder, derzeit Ministerpräsident in Bayern? Vielleicht jener bizarre Operettenerlass, wonach in jeder bayerischen Amtsstube ein Kruzifix zu hängen habe. 100 Tage ist der 51-jährige Franke nun im Amt und hat in dieser Zeit nach eigenen Angaben 300 Termine absolviert und 40 000 Kilometer zurückgelegt. Doch Söder tut sich schwer, den gütigen Landesvater zu mimen. Zu sehr scheint in seinen Gesichtszügen immer wieder ein schlitzohriger Zug aufzuscheinen und zu sehr stampft er auf seinem Kurs in Richtung einer neuen, skrupellosen Radikalität, was die Mehrheitsbeschaffung anbelangt. Söder ist so viel näher dran an den smarten Jungs der österreichischen Rechtspartei FPÖ und dem egoistischen Regionalismus der Lega in Italien als am Image eines Ministerpräsidenten für alle Bayern.

Seine Vorgänger von Streibl über Strauß, Stoiber, Beckstein und auch Seehofer hatten es zumindest im Ansatz immer wieder vermocht, den Bayern glauben zu machen, dass es ihnen - irgendwie auch - um das Wohl des Landes und der Landeskinder gehe. Bei Söder hat man den Eindruck, ihm ginge es nur um eins: Söder. Jetzt hat er nach diversen Machtkämpfen innerhalb der CSU sein Ziel erreicht und nun ist er bemüht, zu liefern, was die Partei von ihm verlangt: Ihre Machtposition bei der anstehenden Landtagswahl im Oktober zu sichern. Das macht Söder, indem er mit beiden Händen in die Klaviatur des Machterhalts schlägt, freilich ohne dass ihm eine eigene, originäre Melodie zu eigen wäre.

Da ist zunächst das Geldausgeben. Die bayerische Staatskasse ist durch Steuereinnahmen gut gefüllt und Söder gibt den Großzügigen, der einen Euroregen auf die diversen Wählergruppen niedergehen lässt. Dabei kann er auf Erfahrungen als Finanzminister zurückgreifen, als er 2012 - meist fränkischen - Beamtenwitwen eine »Weihnachtsspende« von 100 Euro zukommen ließ. Selbstzufrieden konstatierte er anlässlich seiner 100 Tage als Ministerpräsident im Amt, 62 der 100 Projekte, die er in seiner ersten Regierungserklärung angekündigt hat, seien beschlossen, bereits umgesetzt oder auf dem Weg dahin.

Er selbst ist auch auf dem Weg, hin zum Schulterschluss mit allen reaktionären Konzepten der Flüchtlingsbekämpfung, wie sie in Ungarn, Österreich und Italien angedacht und umgesetzt werden. Söder setzt in Bayern das um, was sein Vorgänger und jetzige Bundesinnenminister Horst Seehofer in ganz Deutschland durchsetzen will: Die AfD bekämpfen, indem Deutschland sich von Asylsuchenden abschottet, Lager errichtet und die Menschen gnadenlos abschiebt.

Vertreter der katholischen Kirche kritisieren mittlerweile die Heuchelei, einerseits das Kreuz in die Amtsstuben zu hängen, andererseits jedes christliche Gebot der Nächstenliebe in den Boden zu treten. So schrieb etwa der Münchner Weihbischof Wolfgang Bischof, das Kreuz sei kein Symbol für Bayern »und erst recht kein Wahlkampflogo«. Söder berufe sich auf christliche Werte, doch wer im Geist des Kreuzes handeln wolle, der müsse die Menschen in den Mittelpunkt seines Handelns stellen, und zwar besonders die Menschen in Not. Das heiße konkret, etwa für Pflegebedürftige und Kranke einzutreten und in der Flüchtlingspolitik die Menschenwürde ernst zu nehmen. Und es hieße, Familien so zu fördern, dass alle Kinder eine gute Perspektive hätten.

Doch auch in der Familienpolitik zeigt sich die Doppelzüngigkeit der CSU: Einerseits wird die (traditionelle) Familie als Wert hochgehoben, aber nur, wenn es sich nicht um Flüchtlinge handelt. Die sollen vielmehr jahrelang auf den Familiennachzug warten. Die Caritas der Erzdiözese München und Freising warnt: »Wenn die Debatten weiterhin auf diesem Niveau stattfinden, müssen wir uns nicht wundern, wenn christliche Grundgedanken wie Solidarität und Nächstenliebe verschwinden und sich die Gesellschaft weiter spaltet.«

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