Der Tüftel-Bahnhof des Wikileaks-Veterans

In Fürstenberg/Havel bringt Daniel Domscheit-Berg Kindern die moderne Technik näher

  • Janne Kieselbach
  • Lesedauer: 2 Min.

Kabelsalat und Bildschirme, kistenweise Technik, an der Wand ein Klavier, an der Decke eine Diskokugel: Caylen wirbelt durch den Raum, rastlos wandern seine Blicke umher. Der Zehnjährige mit den raspelkurzen Haaren will sofort loslegen. »Ich interessiere mich sehr für Technik«, sagt er. »In der Schule haben wir Computerunterricht, aber dort lernen wir nur den Umgang mit Schreibprogrammen.« Hier ist alles anders. Hier kann sich der Grundschüler ausprobieren. Er kann Roboter bauen und Musikinstrumente programmieren, Drohnen fliegen lassen und Schaltpläne entwerfen.

Der Ort wirkt wie ein Paradies für Technikfans. Einmal in der Woche kommen Caylen und seine Freunde in das alte Bahnhofsgebäude von Fürstenberg/Havel. Sie freuen sich aufs Experimentieren und auf den Mann, der das alles möglich macht. Daniel Domscheit-Berg hat den Versteh-Bahnhof mit seiner Frau Anke gegründet - und betreibt ihn mit großem Engagement.

Dafür gab es an diesem Mittwoch den mit 5000 Euro dotierten Preis »Region Zukunft« der Handelskammer Potsdam. »Mit dem Preis können wir unser 3D-Drucklabor ausbauen«, berichtet Daniel Domscheit-Berg.

Die Domscheit-Bergs sind keine Unbekannten: Daniel wurde als Sprecher der Enthüllungsplattform Wikileaks berühmt. Gemeinsam mit Julian Assange kämpfte der 40-jährige Informatiker für mehr Transparenz im Internet und die Offenlegung geheimer Dokumente. Doch 2010 kam es zum Bruch, Domscheit-Berg kritisierte den Führungsstil von Assange als autoritär und verließ Wikileaks. Seine Frau Anke war bis 2014 Landesvorsitzende der Piratenpartei und sitzt mittlerweile für die LINKE im Bundestag.

2011 war das Paar von Berlin nach Fürstenberg/Havel gezogen. Die Bude voller Kinder hatten sie zum ersten Mal, als Daniel Domscheit-Berg ein großes Turniertrampolin im Garten aufstellte. Die Kinder wurden immer neugieriger.

»Irgendwann wollten die wissen, warum ich eigentlich so viel zu Hause bin und was ich so arbeite«, erzählt Domscheit-Berg. »Dann habe ich die einfach alle mal mit reingenommen, und jeder hat einen Lötkolben in die Hand gekriegt.« Die Kinder waren so begeistert, dass die örtliche Schule anfragte, ob Domscheit-Berg so etwas nicht als Arbeitsgruppe anbieten könne. Er tat es. Mittlerweile werden sogar Busreisen aus Hamburg organisiert. Das Techniklabor ist schon lange in den alten Bahnhof von Fürstenberg umgezogen. Gerade feilt Domscheit-Berg an einem Konzept für Schüler, das den Besuch in seinem »Versteh-Bahnhof« mit einem Paddelurlaub auf der Mecklenburgischen Seenplatte verbindet.

Finanziert wird der Versteh-Bahnhof bislang vor allem privat. Außerdem erhält der für den Bahnhof gegründete Verein »Havel-Lab« Unterstützung von einer Demokratie-Stiftung aus Rheinsberg. dpa

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.