Die fünf Angeklagten im NSU-Prozess
Beate Zschäpe sollte nach dem Plädoyer der Anklage zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt werden. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr Mittäterschaft an allen NSU-Verbrechen vor. Das sind neun rassistisch motivierte Morde der »Ceska«-Serie, der Mord an der Polizistin Michéle Kiesewetter, zwei Sprengstoffanschläge mit vielen Verletzten und mehr als ein Dutzend Raubüberfälle. Zschäpe will von den Morden und Anschlägen ihrer beiden Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt immer erst im Nachhinein erfahren haben. Gestanden hat sie dagegen, 2011 die letzte Wohnung des Trios in Zwickau in Brand gesteckt zu haben. Die Anklage wertet dies auch als versuchten Mord an einer Nachbarin und zwei Handwerkern. Zschäpes Altverteidiger sehen darin lediglich eine einfache Brandstiftung, ihre Vertrauensanwälte immerhin eine besonders schwere Brandstiftung. Zschäpe sitzt seit November 2011 ununterbrochen in Untersuchungshaft. Zschäpes Vertrauensanwälte fordern eine Haftstrafe von unter zehn Jahren, wegen der Brandstiftung und wegen Beihilfe zu mehreren Raubüberfällen. Ihre ursprünglichen Verteidiger wollen die sofortige Freilassung, weil die zu erwartende Strafe für die Brandlegung mit der mehr als sechsjährigen Untersuchungshaft bereits abgegolten sei.
Ralf Wohlleben sitzt ebenfalls in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wirft dem ehemaligen NPD-Funktionär vor, die Mordwaffe vom Typ »Ceska« organisiert zu haben - und er habe gewusst, wofür Mundlos und Böhnhardt sie benutzen wollten. Wohlleben bestreitet das. Er habe dem eigentlichen Überbringer der Waffe nur auf Nachfrage einen Tipp gegeben. Die Anklage hat für Wohlleben zwölf Jahre Haft wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen gefordert. Seine Verteidiger bezeichneten ihn als unschuldig und forderten Freispruch.
Carsten S. ist als Überbringer der Waffe ebenfalls wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen angeklagt. Er händigte die »Ceska« in einem Chemnitzer Abbruchhaus an Böhnhardt und Mundlos aus, die zu der Zeit mit Zschäpe im Untergrund lebten. Kurz nach dem Auffliegen des NSU wurde er festgenommen und gestand umfassend. Dabei belastete er Wohlleben: Der habe ihm den Auftrag zum Kauf und Überbringen der Waffe erteilt. Bundesanwalt Herbert Diemer hat für S. eine Jugendstrafe von drei Jahren gefordert - positiv wertete er dessen Aufklärungshilfe und dessen eigenes Schuldeingeständnis. Die Verteidiger fordern einen Freispruch - S. habe nichts von den geplanten Morden des NSU gewusst. Mehrere Angehörige von NSU-Opfern erkannten im Prozess die Reue von S. an - und haben ihm nach eigenem Bekunden verziehen. S. befindet sich auf freiem Fuß. Er gilt als gefährdet und befindet sich in einem Zeugenschutzprogramm.
André E. hat auch nach Aussage von Zschäpe bis zum Schluss Kontakt zu dem im Untergrund lebenden Trio gehalten. E. half Zschäpe bei ihrer kurzen Flucht nach dem Tod ihrer Freunde Mundlos und Böhnhardt. Im Prozess schwieg er konsequent. Die Bundesanwaltschaft hat zwölf Jahre Haft für E. gefordert, unter anderem wegen Beihilfe zum versuchten Mord: E. hat nach Überzeugung der Ankläger einst ein Wohnmobil gemietet, mit dem die Täter für einen Bombenanschlag nach Köln fuhren. Zudem habe er bei der Tarnung des NSU-Trios im Untergrund geholfen. Kurz nach dem Plädoyer Mitte September erließ das Gericht Haftbefehl gegen E., der zuvor auf freiem Fuß war. Seine Verteidiger fordern einen Freispruch von sämtlichen Anklagevorwürfen.
Holger G., bislang auf freiem Fuß, hat zugegeben, dem NSU-Trio einmal eine Waffe übergeben und den Untergetauchten mit falschen Papieren geholfen zu haben. Die Bundesanwaltschaft hat deshalb fünf Jahre Haft wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gefordert. Die Verteidiger plädierten dagegen auf eine Strafe von »unter zwei Jahren«, stellten aber keinen konkreten Strafantrag. dpa/nd
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