Viel Geld für das Wüstenmärchen
Bisher zahlen sich die Milliardeninvestitionen für die Heim-WM nicht aus, und Katar ist von einer wettbewerbsfähigen Mannschaft weit entfernt
Zinedine Zidane musste nicht lange auf ein neues Jobangebot warten. Katar lockt den Trainer angeblich für sein WM-Projekt, und Geld spielt, natürlich, keine Rolle. Der Emir Scheich Tamim bin Hamad Al Thani soll bereit sein, Zidane stattliche 200 Millionen Euro zu überweisen, damit der zurückgetretene Coach von Real Madrid die lahmende Nationalmannschaft des Landes endlich in Form bringt. Schließlich droht dem Gastgeber in vier Jahren ein sportliches Desaster.
Katar ist das erste Gastgeberland der Geschichte, das sich nie zuvor sportlich für eine Endrunde qualifiziert hat. Das Team dümpelt auf Platz 98 der Weltrangliste - nur einen Rang besser platziert als Palästina. Die Milliardeninvestitionen in eine überragende Infrastruktur wie etwa das ultramoderne Leistungszentrum Aspire Academy zahlen sich bisher nicht aus. Und dennoch sagt Nasser Al-Khater, Vizepräsident des WM-Organisationskomitees: »Ich denke, wir haben gute Möglichkeiten, für 2022 eine wettbewerbsfähige Mannschaft zu stellen.« Doch wie soll das so schnell gelingen? Droht etwa eine Einkaufstour wie zuletzt bei den Handballern vor der Heim-WM 2015?
Katar ist als Investor längst ein Riesen-Player im Sport, aber fußballerisch immer noch ein Zwerg. Auch die Übernahme der KAS Eupen 2012 hat daran noch nicht viel verändert, der Provinzklub in Belgien ist seither die Kaderschmiede des Emirats in Europa. Talente, die nach einem aufwendigen Scouting und viel Training in der hauseigenen Akademie für gut genug befunden wurden, sollen sich in Eupen den letzten Schliff holen. Allerdings schafften bisher kaum gebürtige Katarer den Sprung nach Europa.
Dafür umso mehr Afrikaner. Die Aspire Academy unterhält im Senegal eine Außenstelle, Tausende Talente auch aus Mali oder Nigeria werden gesichtet, im Kurzpassspiel ausgebildet und nach Katar eingeladen oder direkt weiter zu Partnerklubs nach Europa geschickt, um es nach oben zu schaffen. Senegals Moussa Wague (Eupen) ist etwa ein Akademie-Absolvent, in der WM-Vorrunde gegen Japan schoss er ein Tor. Kritiker des Modells hegen den Verdacht, dass Katar letztlich bezweckt, Fußballer wie Wague für die WM einzubürgern.
Katars Macher wie der Deutsche Andreas Bleicher weisen diese Vorwürfe entschieden zurück und erinnern an die Regularien der FIFA, die ein Nationen-Hopping ausschließen. Allerdings gibt es längst Strömungen, die gewisse Einschränkungen aufweichen wollen. Kap Verde hatte zuletzt einen Antrag gestellt, dass Spieler, die bereits Länderspiele für eine A-Nationalmannschaft absolviert haben, künftig auch für ein anderes Land auflaufen dürfen.
In anderen Sportarten hat sich Katar bereits eine Weltauswahl zusammengekauft, in der Leichtathletik etwa werden Talente aus Afrika mit viel Geld gelockt. Bestens in Erinnerung ist auch noch das Beispiel aus dem Handball: Vor drei Jahren sorgte ein aus unterschiedlichsten Ländern zusammengewürfeltes Team (zwölf der 16 Spieler wurden vor dem Turnier eingebürgert) für ein kleines Wüstenmärchen: Katar gewann Silber.
Natürlich spielen auch in anderen Fußball-Nationalmannschaften Angreifer, die in einem anderen Land geboren wurden. Aber bei Katar drängt sich eben der Verdacht auf, dies auf die Spitze zu treiben. Rekordnationalspieler und -torschütze des Landes ist übrigens Sebastian Soria. Geboren in Uruguay. SID
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