- Wirtschaft und Umwelt
- Gentechnik
Rum aus dem Gentechlabor?
Brasilien baut erstmals gentechnisch verändertes Zuckerrohr für den Konsum an
Zuckerrohr aus dem Gentechlabor soll in Brasilien zunächst auf rund 400 Hektar angebaut werden. Das im Bundesstaat São Paulo vom Technischen Zentrum für Zuckerrohranbau (CTC) entwickelte Bt-Gen-Zuckerrohr soll resistent gegen die Raupen des Stängelbohrers sein. Wie beim Genmais haben die Biologen die Zuckerpflanze mit einem Gen des Bakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) ausgestattet, das ein für den Stängelbohrer tödliches Insektengift produziert. Laut dem Zuckerrohr-Industrieverband beschert der in den großen Plantagen verbreitete Schädling der Branche jährlich etwa 1,5 Milliarden Dollar an Verlusten.
CTC-Marketingmanager Luiz Antonio Dias Paes sagte, er garantiere, dass das genmanipulierte Zuckerrohr keine Gesundheits- und Umweltgefahr darstelle. Im Gegenteil: Der Einsatz von Insektiziden und damit auch der durch die Verdünnung der chemischen Präparate notwendige Wasserverbrauch würden durch die neue Sorte drastisch verringert. Die aus dem Gentech-Zuckerohr raffinierten Produkte Zucker und Alkohol seien zudem gänzlich identisch mit denen aus dem konventionellen Anbau.
Nagib Nassar, emeritierter Professor an der Universität von Brasília, warnt dagegen vor dem Bt-Zuckerrohr. Wissenschaftliche Studien hätten gezeigt, dass das Bt-Gen die Gesundheit von Säugetieren beeinträchtigen könne. Tiere, die über einen längeren Zeitraum transgene Pflanzen konsumierten, hätten Leber- und Nierenschäden entwickelt. Laut Nassar wird auch die Umwelt beeinträchtigt. Der großflächige Einsatz des Bt-Gifts im Zuckerrohr könne Insektenpopulationen aus dem Gleichgewicht bringen und zum Aussterben von Arten führen.
Die brasilianische Gentechniklobby indes geht von einer raschen Steigerung der Anbaufläche für auf 1,5 Millionen Hektar in den kommenden drei Jahren aus. Brasilien gilt als weltweit größter Exporteur von Zuckerrohr. Und weitere Gentechsorten, die unter anderem auch gegen Totalherbizide resistent sind, sind bereits in der Pipeline.
Seit die Regierung Lula da Silva im Jahr 2005 den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft erlaubte, hat sich Brasilien zum weltweit zweitgrößten Gentechnikanbauer nach den USA entwickelt. Heute wachsen in dem größten lateinamerikanischen Land bereits auf rund 50 Millionen Hektar genetisch manipulierte Ackerkulturen. Davon sind rund 33 Millionen Hektar Gentech-Soja, 16 Million Hektar Gentech-Mais und fast eine Million Hektar Baumwolle aus dem Gentechlabor.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.