Hauptstadt von Laos kämpft mit Verkehrschaos

Vientiane plant modernen öffentlichen Personennahverkehr

  • Alfred Michaelis, Vientiane
  • Lesedauer: 3 Min.

Die junge Frau kommt aus dem Café, den Becher heißen Cappucino in der Hand. Mit der anderen versucht sie, eine Einkaufstüte und die Fernbedienung ihres Autos zeitgleich unter Kontrolle zu bringen. Sie tritt auf die Straße und sieht auch gleich die Bescherung: Eine knallgelbe Kralle am linken Vorderrad wird ihre Weiterfahrt deutlich verzögern.

Am Seitenfenster ihres Wagens klebt ein Zettel mit einer Handynummer darauf. Sie weiß, was ihr blüht. Sie parkt in einer der verkehrsreichsten Straßen der laotischen Hauptstadt Vientiane, im strikten Parkverbot. So strikt, dass die Stadtverwaltung zur verbesserten Abschreckung die Strafen satt verzehnfacht hat. Statt der für viele wohlhabende Hauptstädter eher symbolischen rund sieben Euro werden empfindliche 70 Euro fällig.

Sie ruft die angegebene Nummer an und sieht sich kurze Zeit später zwei Uniformierten gegenüber. Sie versucht es mit Lächeln und Bitten. »Ich wollte doch nur ganz kurz« hilft ihr heute ebenso wenig wie die Frage »Wissen Sie denn nicht, wer mein Vater ist?« Die Beamten bleiben unerbittlich. Seit die Regierung unter Premierminister Thongloun Sisoulith den Ankündigungen zum Kampf gegen Korruption auch Taten folgen lässt, müssen sie fürchten, dass auch ihr Tun überwacht wird. Kameras dafür gibt es reichlich und die Aktion in der Straße ist von höchster Stelle angeordnet. Die Frau zahlt schließlich, erhält eine Quittung und der dienstjüngere Ordnungshüter entfernt das gelbe Gestell.

Gelöst wird das Problem dadurch nicht. Vientianes Innenstadt ist hoffnungslos zugeparkt. Fußwege und Grünstreifen am Fahrbahnrand stehen voller Autos, so dass Fußgänger oft gezwungen sind, auf die Fahrbahn auszuweichen. Die Zahl der Fahrzeuge in Vientiane hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Ausdruck steigenden Wohlstands wie aggressiver Kreditangebote der Autohändler. Die Straßen dagegen sind so eng wie zuvor. Auf der anderen Seite ballen sich staatliche Behörden, Firmenbüros und Schulen hier auf engstem Raum. Schon seit längerem versuchen sich laotische Regierungen an einer Lösung. Die Vorgänger von Thongloun meinten, die Verlagerung der Ministerien und Behörden mit ihren Hunderten Beschäftigten wäre die Ideallösung. Ein großes Bauprogramm für neue Verwaltungspaläste in Stadtradgebieten begann. Bis Thongloun dem munteren Treiben ein zumindest teilweises Ende setzte und die Baupläne prüfen ließ. Schwarzbauten, ungesicherte Finanzierungen und weit überzogene Budgets kamen zutage.

Nun soll ein anderer Ansatz dem leidigen Problem zu Leibe rücken. Ein effizientes innerstädtisches Personenverkehrsnetz soll her. Versuche in diese Richtung hat es schon mehrere gegeben, doch verbinden die meisten Buslinien das Stadtzentrum mit den Vororten.

Im aktuellen Visit-Laos-Year kam eine bahnbrechende Neuigkeit hinzu: Ein echter Stadtbus, der die Gegenden mit der höchsten Dichte an Hotels und Gästehäusern mit dem Flugplatz verbindet und über feste Haltestellen verfügt. Dennoch wird bislang nicht einmal ein Prozent des innerstädtischen Personenverkehrs von öffentlichen Verkehrsmitteln getragen. Das soll sich ändern, grundlegend. Denn das 100 Millionen Dollar (etwa 85 Millionen Euro) schwere, von der Asiatischen Entwicklungsbank ADB koordinierte Vorhaben soll so ziemlich alle Probleme auf einen Schlag lösen: Ein Schnellbusnetz von 84 Kilometern Länge im urbanen Zentrum von Vientiane aufbauen, davon 11,5 Kilometer auf separaten Busspuren mit 24 überdachten Stationen, ein modernes Verkehrsleitsystem in der Innenstadt und ein zentral gesteuertes kostenpflichtiges Parksystem einrichten und besseren Zugang für Fußgänger gewähren. Der Vertrag mit dem technischen Consultant ist inzwischen unterzeichnet, wenn auch etwas später als erwartet. Denn ursprünglich sollte das neue Verkehrssystem, das auch einen 20-Millionen-Dollar Kredit der Europäischen Investitionsbank enthält, schon in diesem Jahr fertiggestellt sein. Der neue Termin sagt 2022. Es geht halt um schnelle Busse, nicht um ein schnell umgesetztes Projekt.

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