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- Gesetzlicher Feiertag
Die schwere Qual der Feiertagswahl
Dass Berlin einen zusätzlichen freien Tag bekommt, steht fest – bloß welchen? Ein Überblick
Berlin bekommt einen neuen Feiertag. Ginge es nach den Lesern der »Berliner Morgenpost«, würde dieser Tag der 17. Juni werden. Einer aktuellen Online-Umfrage der Zeitung zufolge spricht sich eine Mehrheit von 56 Prozent der Befragten für den Tag des Arbeiteraufstandes in der DDR als zukünftig arbeitsfreies Datum aus. Auf dem zweiten Platz der Umfrage landet der 8. Mai mit 23 Prozent. Dahinter folgt der 18. März mit 14 Prozent. Der Frauentag am 8. März landet mit sieben Prozent Zustimmung an vierter Stelle. Über die anderen in der Debatte kursierenden Vorschläge, Internationaler Schoah-Gedenktag am 27. Januar und Reformationstag am 31. Oktober, konnte man wohl nicht abstimmen. Nun ist diese Umfrage sicherlich nicht repräsentativ für die Berliner Bevölkerung. Erstaunlich ist aber dennoch, dass auch ein Voting vom rbb zur Feiertagsfrage zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt und den 17. Juni in der Gunst der Befragten weit vorne sieht.
Woran mag das liegen? Wünschen sich da viele Wessis einen Feiertag der alten Bundesrepublik zurück? Das könnte bei manchen durchaus zutreffen. Sehen vielleicht viele Berliner das Gedenken an den Aufstand gegen das SED-Regime auch als eine in der heutigen Zeit noch wichtige Botschaft gegen Gewalt und Unrecht? Auch das mag bei dem ein oder anderen die Wahl beeinflusst haben.
27. Januar
Der 27. Januar wurde 2005 von der UNO zum internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. In Deutschland ist der Tag bereits seit 1996 ein bundesweiter, gesetzlich verankerter Gedenktag. Jährlich gibt es eine Gedenkstunde im Bundestag. An öffentlichen Gebäuden wird an dem Tag Trauerbeflaggung gehisst. Als Jahrestag bezieht sich das Datum auf den 27. Januar 1945. An dem Tag befreite die Rote Armee das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Organisationen wie das Internationale Auschwitz Komitee sehen den Gedenktag auch als starkes Zeichen gegen aktuelle Formen von Antisemitismus.
8. März
Die Idee, den Internationalen Frauentag am 8. März zum Feiertag in der Hauptstadt zu machen, stammt von der Berliner SPD-Vize-Vorsitzenden Iris Spranger. »Der 8. März steht weltweit für Respekt gegenüber Frauen und die Anerkennung ihrer Leistungen und Aufopferungen«, sagt Spranger. Auf der Kampagnenwebsite »Change.org« hat die Sozialdemokratin eine Petition »Frauentag zum Feiertag« gestartet. Schon knapp 24 000 Menschen haben unterschrieben. Der 8. März entstand als Kampftag für Gleichberechtigung und Wahlrecht für Frauen durch sozialistische Gruppierungen zur Zeit des Ersten Weltkriegs.
18. März
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat sich für den 18. März als neuen gesetzlichen Feiertag ausgesprochen. Er fände es »reizvoll«, an diesem Tag den Beginn der liberal-bürgerlichen Märzrevolution von 1848/49 in Berlin zu würdigen, wie Müller der » Berliner Morgenpost« sagte. Nach den revolutionären Umbrüchen gegen die Monarchie in Frankreich im Frühjahr 1848 schwappte die Welle des Aufstands in die Staaten des Deutschen Bundes. Die Revolutionäre forderten auch in Preußen politische Freiheiten und nationale Unabhängigkeit. 1848 gilt als die Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland.
8. Mai
Die LINKE fordert als neuen gesetzlichen Feiertag den 8. Mai. »Es ist der Tag der Befreiung, ein Tag, an dem man Erinnerung in seiner ganzen Breite organisieren kann«, sagt die Berliner LINKEN-Vorsitzende Katina Schubert. Der 8. Mai 1945 markiert das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Befreiung vom Nationalsozialismus. Der 8. Mai ist als Tag der Befreiung in vielen Ländern gesetzlicher Feiertag. So zum Beispiel in Frankreich, Tschechien und der Slowakei. In Russland wird wie früher in der Sowjetunion der 9. Mai als Tag des Sieges als arbeitsfreier Tag begangenen.
17. Juni
Der 17. Juni ist der Tag des Arbeiteraufstandes in der DDR. Um den 17. Juni 1953 kam es zu einer Welle zunächst gegen Normerhöhungen, dann gegen das SED-Regime gerichtete Streiks, Demonstrationen und Proteste. Die Sowjetarmee schlug den Aufstand nieder, 34 Menschen starben. An dem Datum hatten die Bürger in der alten Bundesrepublik von 1953 bis 1990 schon einmal frei. Der Feiertag wurde nach der Wiedervereinigung vom 3. Oktober als Tag der Deutschen Einheit abgelöst. Bevor sich Michael Müller für den 18. März als seinen Favoriten ausgesprochen hatte, hatte er auch den 17. Juni als Möglichkeit ins Gespräch gebracht.
31. Oktober
Die AfD hatte im vergangenen Jahr den Reformationstag am 31. Oktober als möglichen gesetzlichen Feiertag vorgeschlagen. Auch der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, hat wiederholt für den Reformationstag als einen »Feiertag für alle« plädiert. Hamburg und Niedersachsen hatten den Reformationstag erst vor kurzem zum neuen Feiertag erklärt. In Brandenburg ist der 31. Oktober bereits seit längerem arbeitsfrei. Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte Martin Luther in Wittenberg 95 Thesen zu den Missständen der damaligen Kirche. Der Tag markiert die Entstehung der Evangelischen Kirche.
Sehr wahrscheinlich haben aber auch viele der Umfrageteilnehmer bei ihrer Stimmenabgabe einen Blick auf den Kalender geworfen. Der 17. Juni liegt immerhin im sonnigen Juni und damit in einem Monat, in dem es bisher noch keinen Feiertag gibt. Es sei denn, das Pfingstfest rutscht in den Juni, aber das ist ja nun nicht jedes Jahr der Fall. Sommer und arbeitsfrei, das passt natürlich wie die Faust aufs Auge!
Niemand wird bestreiten können, dass der pragmatische Blick auf den Kalender und damit die Jahreszeit sowie die Feiertagsdichte pro Monat in der Debatte um den neuen gesetzlich verankerten freien Tag eine entscheidende Rolle spielt.
Durchaus pragmatisch wird auch der Regierende Bürgermeister Müller gedacht haben, als er den 18. März zu seinem Favoriten erklärt hatte. Im März gibt es manchmal nur den Karfreitag und Ostermontag. Hinzu kommt die Botschaft des Tages als ein Datum, an dem der Märzrevolution 1848 gedacht wird und damit die erste revolutionär-demokratische Erhebung hierzulande gewürdigt wird. Natürlich hätte sich Müller als Feiertagspragmatiker auch für den Frauentag am 8. März oder den 17. Juni aussprechen können. Aber das ist dann eine Frage des Standpunkts.
Im Umkehrschluss bedeutet dieser Pragmatismus aber auch, dass wichtige Tage wie der 27. Januar oder der 8. Mai weniger Chancen haben werden, zum Feiertag ernannt zu werden. Der Januar liegt nah an Weihnachten, Silvester und Neujahr und im Mai gibt es mit drei freien Tagen schon einen regelrechten Feiertagsmarathon. Wer Pragmatismus grundsätzlich blöd findet, kann es auch mit der Wirtschaft halten. Die lehnt jede Form des Feiertags ab.
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