Die Konkurrenz ist enteilt
Nach 44 Jahren kehren die deutschen Fechter erstmals wieder ohne Einzelmedaille von einer Weltmeisterschaft zurück
Die schlechteste WM in den Einzelkonkurrenzen seit 44 Jahren hatte den deutschen Fechtern die Sprache verschlagen. »Was soll ich sagen? Enttäuschend«, sagte Sportdirektor Sven Ressel frustriert, fügte aber trotzig an: »Aber Statistiken interessieren mich nicht. Es war klar, dass es schwer werden wird, aber die supererfolgreichen Zeiten sind doch schon lange vorbei.« Erstmals seit Grenoble 1974 blieben die deutschen Fechter bei einer WM mit allen Waffengattungen ohne Einzelmedaille.
Die deutsche Bilanz in den sechs Einzelkonkurrenzen in Wuxi ist ernüchternd. Von den 24 Teilnehmern des Deutschen Fechter-Bundes (DFeB) zogen lediglich fünf ins Achtelfinale ein, danach war Schluss. »Wir haben auch junge Fechter am Start mit Potenzial. Da wird oft schnell zu viel erwartet. Die Topnationen haben andere Rahmenbedingungen. Diese jetzt zu erläutern, würde den Rahmen sprengen«, sagte Ressel und warb um Verständnis für den laufenden Neuaufbau im Hinblick auf die am 1. April 2019 beginnende Olympiaqualifikation. Die Konkurrenz scheint enteilt. Dem DFeB droht in der einstigen deutschen Vorzeigesportart nun sogar die erste medaillenlose WM seit 1971 in Wien. Eine Medaillenvorgabe hatte der Verband vor den Titelkämpfen in China nicht ausgesprochen. Ressel stellte jedoch vor der WM klar, dass man »nicht ohne Medaille zurückkommen« wolle.
Am Dienstag scheiterte als letzte deutsche Einzelhoffnung Florettfechter Alexander Kahl. Der Tauberbischofsheimer verlor im Achtelfinale mit 7:15 gegen den Südkoreaner Heo Jun. Zuvor waren die Säbelfechterinnen Anna Limbach (Dormagen) und Julika Funke (Künzelsau) vorzeitig gescheitert. Von den vier Florettfechtern schieden sogar gleich drei in Runde eins aus. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der viermalige Weltmeister Peter Joppich (Bonn), Olympiasieger Benjamin Kleibrink (Tauberbischofsheim) und Andre Sanita (Bonn) trafen allesamt gleich zum Auftakt auf Spitzenfechter.
Einen Hoffnungsschimmer bilden nun die Teamwettbewerbe: Die größte Chance hat wohl das Dormagener Säbelteam mit Max Hartung, Matyas Szabo, Benedikt Wagner und Richard Hübers. Im Viertelfinale geht es an diesem Mittwoch aber gleich schon gegen Europameister und Vizeweltmeister Ungarn. Die Degenfechterinnen mit Alexandra Ndolo, Alexandra Ehler, Beate Christmann und Monika Sozanska sind durch Siege gegen Thailand (45:30) und Italien (42:36) in die Top 8 eingezogen. Aber auch sie haben im Viertelfinale den Olympiazweiten China als dicken Brocken vor sich. SID/nd
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