Arbeiten ist erlaubt
EU-Bürger, die in Deutschland einen Job suchen, haben in den ersten Jahren keinen Anspruch auf Hartz IV
Die Regierungen in Deutschland haben den hiesigen Arbeitsmarkt über viele Jahre auch für EU-Bürger abgeschottet. Erst ab 2011 galt hierzulande die sogenannte Arbeitnehmerfreizügigkeit für die meisten Menschen aus anderen EU-Staaten. Für Männer und Frauen aus Bulgarien und Rumänien gilt sie sogar erst seit 2014. Seither haben Menschen aus diesen Staaten das Recht, sich ohne Einschränkungen einen Job in Deutschland zu suchen. Ihre sozialen Rechte sind allerdings in den ersten Jahren minimal. So haben Bundestag und Bundesrat Ende 2016 Folgendes beschlossen: EU-Bürgern, die nicht bereits in Deutschland arbeiten oder gearbeitet haben, stehen in den ersten fünf Jahren keine Sozialleistungen und kein Hartz IV zu.
Das Gesetz sieht lediglich eine »Nothilfe« vor. Wer sich auf den Weg in die Bundesrepublik macht und keinen Anspruch auf Hartz IV hat, kann ein sogenanntes Überbrückungsgeld beantragen: »Die Hilfe soll für höchstens vier Wochen den unmittelbaren Bedarf für Essen, Unterkunft, Körperpflege und medizinische Versorgung abdecken«, heißt es in einer Mitteilung der Bundesregierung.
EU-Bürger, die innerhalb von zwei Jahren ein Jahr lang einen sozialversicherungspflichtigen Job haben, hätten hingegen Anspruch auf Arbeitslosengeld I, erläutert eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit.
Bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes hatte die Diakonie das Vorhaben als »sozialpolitisch verfehlt« bewertet. »Ohne soziale Absicherung ist eine geregelte Arbeitsmarktintegration nicht möglich«, erklärte damals Diakonie-Migrationsexpertin Katharina Stamm.
Die damalige Arbeitsministerin Andrea Nahles sagte hingegen: »Wer noch nie hier gearbeitet hat und für seinen Lebensunterhalt auf staatliche finanzielle Unterstützung aus der Grundsicherung angewiesen ist, für den gilt der Grundsatz: Existenzsichernde Leistungen sind im jeweiligen Heimatland zu beantragen.«
In der Realität bedeutet der Ausschluss von Sozialleistungen jedoch oft, dass sich Menschen als Tagelöhner durchschlagen. Wie viele solcher Tagelöhner in der Bundesrepublik leben, darüber lägen keine belastbaren Zahlen vor, heißt es beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Bekannt ist, dass im Jahresvergleich die Zahl der Menschen aus Bulgarien und Rumänien, die in Deutschland leben, um rund 140 000 gestiegen ist. Viele der Männer und Frauen aus den beiden armen EU-Staaten arbeiteten in der Baubranche oder im Gastgewerbe, erläuterte der IAB-Migrationsforscher Ehsan Vallizadeh - in Wirtschaftszweigen also, in denen die Löhne insgesamt sehr niedrig sind.
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