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Trumps dritter Tiefschlag im Nahen Osten
USA wollen Palästinensern Flüchtlingsstatus aberkennen und ihr UN-Hilfswerk endgültig liquidieren
Offiziell lässt der ominöse Kushner-Plan für eine Nahostlösung weiter auf sich warten. Angeblich arbeitet Jared Kushner seit Anfang vorigen Jahres daran, also etwa genau so lange, wie sein Schwiegervater Donald Trump als Präsident im Weißen Haus sitzt. Auch wenn es das Papier für die Öffentlichkeit noch immer nicht gibt: Die Hauptbetroffenen - der Staat Israel und die Palästinenser - dürften bereits wissen, was sie da erwartet. Und diese Erwartungen sind diametral unterschiedlich. Messbar war das an den Reaktionen von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und anschließend Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nach deren Besuch im Weißen Haus. Dem unverhohlenen Triumphgeheul des israelischen Falken folgte eine von Verbitterung gezeichnete Erklärung des Palästinensers.
Das war im Mai 2017. Am Montag legte Kushner nach. Ohne nähere Begründung erklärte er, es sei nicht länger vermittelbar, die Palästinenser in den arabischen Nachbarstaaten als Flüchtlinge zu führen - mit Anspruch auf diesen genau definierten Status, der ihnen von der UNO verbriefte Rechte garantiert. Es geht dabei um eine menschenwürdige Notversorgung mit Lebensmitteln, Dingen des täglichen Bedarfs und Wohnraum, politische Rechte, ebenso Pflichten gegenüber dem Gastgeberland und - das vor allem - ein Rückkehrrecht in ihre einstige Heimat, die sie ohne eigene Schuld verlassen mussten.
Tatsächlich besitzen Tausende palästinensische Flüchtlinge diesen Status bereits seit 70 Jahren. Es sind größtenteils Kinder der Generation der ersten Vertreibungswelle nach dem arabisch-israelischen Krieg von 1948. Der israelische Staat war gemäß UNO-Plan gegründet worden, der palästinensische nicht. Vertreibungsaktionen ähnlichen Ausmaßes wiederholten sich nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 und - schleichend, aber bis zum heutigen Tage kontinuierlich durch die permanente israelische Siedlungs- oder präziser ausgedrückt Landraubpolitik - im okkupierten Westjordanland.
Das Problem der palästinensischen Flüchtlinge - eine Geschichte jahrzehntelangen Elends und Leidensdrucks für die überwiegende Mehrheit der Betroffenen - bedarf in der Tat endlich einer Lösung. Schuld daran, dass es diese bisher nicht gab, sind viele; am meisten aber jene israelischen Regierungen , die sich auch nach den Oslo-Abkommen der 90er Jahre mit den Palästinensern strikt weigerten, mit dem Abzug aus den 1967 besetzten Gebieten die Möglichkeit für die palästinensische Staatsgründung zu schaffen und damit im Kern auch die Flüchtlingsfrage zu lösen.
Kushner dreht den Spieß einfach um, schiebt den Opfern die Schuld zu und macht dazu die Helferorganisationen für die Dauerhaftigkeit des Flüchtlingselends verantwortlich. »Das Mandat des UNRWA hat die Flüchtlingskrise verstetigt und verschärft und muss geändert werden, damit das palästinensische Volk sein volles Potenzial entfalten kann«, zitierte dpa am Montag einen Vertreter der US-Regierung. Das UNRWA ist das 1949 gegründete Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten.
Die UN-Organisation steht ja schon länger im Visier der jetzigen US-Regierung. Zum Jahreswechsel entzog ihr Trump wegen angeblicher Undankbarkeit der Palästinenser den größten Teil des US-Zuschusses, zu dem sich die USA einst als einen ihrer Beiträge zur Lösung der Nahostfrage verpflichtet hatten. Von einst 360 zahlen sie in diesem Jahr nur noch 60 Millionen Dollar. Das UNRWA hat diesen Einschnitt bisher nicht kompensieren können. Derzeit gibt es in den Palästinensergebieten selbst sowie in den arabischen Nachbarstaaten, vor allem Jordanien, Libanon und Syrien, fünf Millionen als Flüchtlinge registrierte Palästinenser.
Kushner bietet nun eine handstreichartige Lösung an, indem er sie zu Staatsbürgern des jeweiligen Gastlandes erklären lassen will. Nach einem Bericht des Washingtoner Magazins »Foreign Policy« hat Kushner Jordanien bereits aufgefordert, den dort registrierten mehr als zwei Millionen Palästinensern den Flüchtlingsstatus zu entziehen. Damit müsse das UNRWA dort nicht mehr tätig werden. Macht Jordanien mit, so lässt Kushner durchblicken, könnte es die »frei gewordenen« 300 Millionen Dollar nun direkt als Integrationshilfe kassieren.
Der jordanische König Abdullah II. hat dies sofort zurückgewiesen. Da der jordanische Staatshaushalt aber chronisch defizitär und auf US-amerikanische Zuschüsse angewiesen ist, sind seine Protestmöglichkeiten recht zaghaft geblieben. Ähnlich wie bei der pompösen Verlegung der US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem und beim Schlag gegen das UNRWA bleibt auch den anderen häufig tief zerstrittenen arabischen Staaten in ihrer gegenwärtigen Lage kaum mehr, als ein Protestkärtchen hochzuhalten.
Das trifft ebenso auf die Palästinenser zu. Von den hochheiligen Einigungsschwüren von Fatah und Hamas ist seit dem vergangenen Herbst wenig umgesetzt worden. Noch ist das UNRWA nicht tot, aber einen Proteststurm gegen die Kushner-Pläne hat es nicht gegeben, nicht bei den Palästinensern und nicht international.
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