Wenn die CDU mit der LINKEN koalieren müsste

Schleswig-Holsteins konservativer Ministerpräsident Günther entfacht Debatte über eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei

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Berlin. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat mit Gedankenspielen zu Koalitionen von CDU und Linkspartei in Ostdeutschland scharfe Kritik in der Union ausgelöst. Im Osten sei die Parteienlandschaft anders als im Westen, sagte Günther der »Rheinischen Post« (Samstag). Fast 30 Jahre nach dem Mauerfall gebe es auch durch regionale Kooperationen ein »gutes Stück Normalisierung« zwischen CDU und Linken. »Wenn Wahlergebnisse es nicht hergeben sollten, dass gegen die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsfähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisch sein.«

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier ging umgehend auf Distanz. »Das ist nicht hilfreich«, sagte der CDU-Bundesvize der Deutschen Presse-Agentur. »Die CDU und die Linkspartei trennen Welten. Deshalb ist das für die Union und erst recht für die CDU Hessen keine Option.« Mit Blick auf die Landtagswahl am 28. Oktober sagte Bouffier, der derzeit mit den Grünen regiert, der »Süddeutschen Zeitung« (Samstag): »Wir machen nichts mit der Linkspartei und nichts mit der AfD. Alles andere ist potenziell koalitionsfähig.«

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Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich reagierte entgeistert auf Günthers Vorstoß. »Teile der CDU scheinen völlig die politische Orientierung zu verlieren«, schrieb der Vizepräsident des Bundestages auf Twitter. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bauministerium, Marco Wanderwitz (CDU), twitterte: »Die CDU als Volkspartei der Mitte braucht eine klare Abgrenzung zu beiden Rändern. Auch die Linke scheidet für Zusammenarbeit ohne wenn und aber aus.« Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Fuchs drohte: »CDU und Linke, wenn da eine Koalition kommen würde, dann wäre das wohl für mich ein Scheidungsgrund.«

Auch der stellvertretende Parteivorsitzende Thomas Strobl betonte: »Mit Extremisten von Links oder Rechts koalieren, kooperieren oder kollaborieren Christdemokraten nicht.« Eine Zusammenarbeit mit der LINKEN sei »völlig unmöglich«, darüber sei sich die Spitze der CDU einig, sagte der baden-württembergische Innenminister der »Rhein-Neckar-Zeitung«. Er kündigte an, das Thema bei der nächsten Sitzung des CDU-Präsidiums am 20. August anzusprechen.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer nannte die Positionen von CDU und Linken »unvereinbar« und betonte, er sei nicht offen für Koalitionen mit der LINKEN.

Auch Linksfraktionschef Dietmar Bartsch reagierte skeptisch. »Demokratische Parteien müssen prinzipiell gesprächsbereit sein, aber Union und LINKE trennen in zentralen Fragen politische Welten«, sagte Bartsch der dpa. »Die LINKE wird in allen Wahlkämpfen die grundsätzlichen Unterschiede zur CDU sichtbar machen.« Auch vom Vorsitzenden der Linksfraktion im sächsischen Landtag, Rico Gebhardt, waren ablehnde Töne gegenüber der CDU zu hören.

»Es ist allgemein bekannt, dass die sächsische Union eine absolute Rechtsaußen-Position unter allen CDU-Landesverbänden einnimmt und die Schnittmengen zwischen CDU und AfD im Landtag beachtlich sind«, warnte Gebhardt.

Eine Partei, »die zehn Jahre lang alle Warnungen vor einem Lehrkräftemangel an den Schulen ignoriert und nebenbei auch noch die Polizei personell runtergewirtschaftet hat, um gleichzeitig dem Demokratieverächter Orbán zu huldigen und selbst bei jeder Gelegenheit obrigkeitsstaatliche bürokratische Bevormundung und Abbau von Grund- und Freiheitsrechten zu betreiben« sei für die LINKE »keine Partnerin«.

FDP warnt vor »Gipfel der Beliebigkeit«

FDP-Chef Christian Lindner warnte auf Twitter: »Wenn die Partei von Adenauer und Kohl mit der Partei des ›demokratischen Sozialismus‹ koaliert, verliert sie ihre Seele. Und wer mit der FDP koaliert und zugleich mit der LINKEN liebäugelt, erreicht den Gipfel der Beliebigkeit.« Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, erklärte: »Günter betreibt gezielte Desensibilisierung für Bündnisse mit Radikalen. Ein Bündnis mit der Linkspartei in Brandenburg ist der erste Schritte, der nächste könnte ein Bündnis mit der AfD in Sachsen oder Thüringen sein

Für die Bundesebene sprach sich Günther dafür aus, dass die Union nach der nächsten Bundestagswahl ein Bündnis mit FDP und Grünen anstreben sollte. »Wenn Jamaika 2021 auf Bundesebene gelingen kann, dann wäre das für Deutschland das beste Modell«, sagte der Ministerpräsident, der seit 2017 in dieser Konstellation regiert.

Für diese Wahlperiode ist die Große Koalition im Bund aus seiner Sicht aber zum Erfolg verdammt. »Sie war es schon durch den schwierigen Start bei der Koalitionsbildung, und sie ist es noch stärker geworden durch den Unionsstreit um die Asylpolitik«, sagte Günther der Deutschen-Presse-Agentur. »Jeder Monat, den wir früher neu wählen sollten, würde uns noch mehr schaden, auch im öffentlichen Ansehen.«

In der »Rheinischen Post« äußerte der 45-Jährige Verständnis für Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben, der im Frühjahr Gespräche mit AfD und LINKEN nach der Landtagswahl in Brandenburg 2019 angekündigt, aber eine Koalition mit der AfD so gut wie ausgeschlossen hatte. »Wenn da vernünftige Menschen in der Linkspartei am Werk sind, vertut man sich nichts damit, nach vernünftigen Lösungen zu suchen«, sagte er. Es wäre gut, auf Scheuklappen zu verzichten. Bei der AfD hingegen sei er skeptisch. »Mir fallen aus jedem Bundesland Äußerungen von führenden AfD-Politikern ein, wo jedes Gespräch vollkommen unmöglich ist.« Agenturen/nd

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