Grünen-Verkehrsexperte Kühn fordert Verstaatlichung

Fraktion will zudem in Sondersitzung des Verkehrsausschusses »Maut-Betrügereien« untersuchen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Nach strittigen Abrechnungen des LKW-Mautbetreibers Toll Collect fordert der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn eine Verstaatlichung des Unternehmens. Die Vergabe müsse gestoppt werden, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Montag. »Die Erhebung der Lkw-Maut darf nicht erneut an private Konsortien vergeben werden, die sich dann mit öffentlich finanzierter Infrastruktur die Taschen füllen.« Ein juristisches Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zeige, dass ein Abbruch des laufenden Vergabeverfahrens rechtlich möglich ist.

Der laufende Betreibervertrag des Bundes mit Toll Collect endet am 31. August. Dann sollen die Anteile - für sechs Monate - an den Bund gehen. Nach Plänen der Bundesregierung soll noch in diesem Jahr ein neuer privater Betreiber gefunden werden, der vom 1. März 2019 an den Mautbetrieb übernimmt.

Toll Collect hatte dem Staat laut Medienberichten strittige Ausgaben für Marketing in Rechnung gestellt. Wie die Wochenzeitung »Die Zeit«, das Portal »Zeit Online« und das ARD-Magazin »Panorama« berichten hatten, handelte es sich etwa um Sponsoring für eine Oldtimer-Rallye, einen Aufenthalt der Toll-Collect-Chefs in einem Hotel sowie die Unterstützung eines Kinderheims. Dies sei jeweils als »Marketingkosten« für die Maut abgerechnet worden, was aber der vertraglichen Regelung mit dem Bund widerspreche. Der Bund will diese Extras jedoch nach eigenen Angaben nicht bezahlt haben.

Das Verkehrsministerium hatte am Donnerstag mitgeteilt, das Prüfungssystem des Bundes habe zu 100 Prozent funktioniert. »Strittige Ausgaben im Marketingbereich, die Toll Collect zur Abrechnung vorgelegt hat, wurden vom dafür zuständigen Bundesamt für Güterverkehr geprüft, abgelehnt und nicht bezahlt.« Das Ministerium wies außerdem Vorwürfe strikt zurück, man habe staatsanwaltschaftliche Ermittlungen beeinflussen wollen.

Die Grünen-Bundestagsfraktion will für Anfang September eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses beantragen. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte der Deutschen Presse-Agentur, Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) werde einige Fragen beantworten müssen, warum die Bundesregierung nichts gegen »Maut-Betrügereien« von Toll Collect unternommen habe. »Wie schon beim Abgasskandal erleben wir, dass ein CSU-Verkehrsminister nicht bereit ist, Unternehmen für ihr Fehlverhalten zur Rechenschaft zu ziehen.«

Die Firma verweist auf den Betreibervertrag. Aufwendungen, die dort nicht beschrieben und geregelt seien, »wurden und werden durch den Auftraggeber nicht vergütet«. Das Gemeinschaftsunternehmen von Daimler, Telekom und des französischen Autobahnbetreibers Cofiroute betreibt das seit 2005 laufende Lkw-Mautsystem in Deutschland. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.