Alltag kehrt in Südwesten Syriens zurück

UN-Blauhelmmission (UNDOF) bezieht wieder ihre Stellungen auf den Golanhöhen, die sie 2014 verlassen hatte

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach sieben Jahren Krieg kehrt im Südwesten Syriens langsam der Alltag zurück. Die UN-Blauhelmmission (UNDOF) hat mit der Rückkehr in ihre Stellungen auf den syrischen Golanhöhen begonnen. »Das endgültige Ziel ist eine vollständige Rückkehr für UNDOF, sofern die Bedingungen es erlauben«, sagte UNO-Sprecher Farhan Haq. Auch der Grenzübergang bei Qunaitra solle möglichst bald wieder geöffnet werden.

Im Vorfeld der Rückführung der UN-Blauhelme habe UNDOF sowohl mit Israel als auch mit Syrien Gespräche geführt, so Haq. Man sei in regelmäßigem Kontakt mit beiden Seiten sowie mit den »relevanten Unterhändlern der Deeskalationszone im Südwesten Syriens«.

Die Deeskalationszone im Südwesten umfasst Teile der syrischen Provinzen Sweida, Deraa und Qunaitra. Als Garantiemächte der Deeskalationszone fungieren Russland, die USA und Jordanien. Die Stationierung von russischer Militärpolizei auf der syrischen Seite der Pufferzone sei bekannt, sagte Haq. Sie sei aber »nicht Teil der UNDOF-Mission«.

Die UN-Mission zur Beobachtung der Truppenentflechtung (UNDOF) sichert seit 1974 den Waffenstillstand zwischen Syrien und Israel auf dem Golan. Die entmilitarisierte Pufferzone erstreckt sich entlang der »Violetten Linie«, der Waffenstillstandslinie zwischen Israel und Syrien aus dem Jahr 1967. Die israelische Besatzung, Besiedlung und Annexion der syrischen Golanhöhen verstoßen gegen das Völkerrecht und sind international nicht anerkannt.

Die UN-Pufferzone reicht von der syrisch-jordanischen Grenze am Jarmuk-Tal im Süden bis zur syrisch-libanesischen Grenze am Berg Hermon im Norden. Im Westen zu Israel ist die Pufferzone durch die »Alpha-Linie«, im Osten nach Syrien durch die »Bravo-Linie« begrenzt. Beide Linien dürfen von den Truppen der jeweiligen Länder nicht überschritten werden. Die Pufferzone umfasst ein Gebiet von 235 km², ist etwa 80 km lang und zwischen 500 m und 10 km breit.

Innerhalb dieser Pufferzone waren die UN-Blauhelme seit 2011 von bewaffneten Gruppen bedroht, erpresst, entführt und so sehr unter Druck gesetzt worden, dass die UNO ihre Truppen 2014 komplett zurückzog. Bewohner der syrischen Seite berichteten von Kämpfern, die die syrischen Armeestellungen jenseits der »Bravo-Linie« unter Beschuss nahmen und die Dorfbewohner, die sich ihnen nicht anschließen wollten, töteten oder vertrieben.

Wenn die syrische Armee gegen die Kampfgruppen vorging, landeten ab und zu Splitter von Granaten und Raketen auf dem von Israel besetzten Golan. Israel schoss stets zurück, obwohl die Armee einräumte, man wisse, dass Syrien Israel nicht angreifen wolle und es sich um ein Versehen gehandelt habe. Zwei syrische Kampfjets wurden von Israel abgeschossen, weil sie sich kurzzeitig über den von Israel besetzten Golanhöhen befunden hatten.

Bereits im März 2018 hatte Israel der Rückkehr der UN-Mission auf die Golanhöhen zugestimmt. Am 3. August 2018 wurde bekannt, dass die Israelische Armee (IDF) auf den besetzten Golanhöhen das Feldlazarett Mazor Ladach abgebaut habe. Die IDF-Klinik war im Rahmen des Projekts »Gute Nachbarschaft« (mit syrischen Oppositionellen) entstanden. 6800 Kämpfer und Zivilisten aus Syrien sollen dort versorgt worden sein.

Am vergangenen Donnerstag sagte Verteidigungsminister Avigdor Lieberman bei einem Besuch der israelischen Luftwaffe, dass die Lage in Syrien aus Sicht Israels »wieder der Lage vor dem Bürgerkrieg« entspräche. »Es gibt klare Ansprechpartner, Verantwortung und eine zentrale Regierung«, so Lieberman. Israel werde sich nicht in Syriens interne Angelegenheiten einmischen, vorausgesetzt »drei wichtige Punkte« würden erfüllt. Erstens müsse Syrien die Waffenstillstandslinie von 1974 strikt einhalten, zweitens dürfe Iran Syrien nicht als Frontlinie gegen Israel nutzen und drittens dürfe Syrien nicht als Transitstrecke für Waffenlieferungen an die Hisbollah benutzt werden.

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