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Streit um Milliardenreform beim Davis Cup
Der traditionsreiche Tenniswettbewerb soll komplett umgekrempelt werden. Vor der Abstimmung wächst jedoch der Widerstand gegen die geplanten Änderungen
Hartford, Connecticut, 24. Juli 1987. 6:39 Stunden stehen sich Boris Becker und John McEnroe im Davis Cup gegenüber. Am Ende setzt sich Becker in der historischen Partie mit 4:6, 15:13, 8:10, 6:2, 6:2 durch. »Es war das größte Match, das ich je gespielt habe«, sagte Becker später einmal über die Partie. Es war Davis Cup pur, was Becker und McEnroe damals im Hexenkessel von Hartford boten.
Geht es nach den Plänen des Tennis-Weltverbandes ITF wird es solche Szenen in Zukunft nicht mehr geben. Denn schon vom kommenden Jahr an will ITF-Chef David Haggerty den traditionsreichen Teamwettbewerb komplett umkrempeln. Statt über drei soll es nur noch über zwei Gewinnsätze gehen, statt vier Einzel und einem Doppel soll es nur noch zwei Einzel und ein Doppel geben.
Der größte Einschnitt ist allerdings im Modus geplant. Denn nach einer Vorrunde im Februar mit Heim- und Auswärtspartien nach altem Muster qualifizieren sich zwölf Teams für eine Finalwoche, die im November am Ende der Tennissaison an einem neutralen Ort ausgetragen wird. Insgesamt 18 Teams sollen dann zunächst in sechs Dreiergruppen und danach im K.o.-System den Gewinner ausspielen. Es ist nichts anderes als eine Davis-Cup-Revolution, die Haggerty und seine Mitstreiter da planen. »Wir sichern damit die Zukunft des Davis Cups«, ist Haggerty überzeugt. »Die Spieler reden schon jetzt über einen Erfolg im Davis Cup so wie über einen Grand-Slam-Titel. Das wird nach der Reform noch viel mehr so sein.«
In einer Investmentfirma hat Haggerty einen Sponsor gefunden, der drei Milliarden US-Dollar für 25 Jahre verspricht, wenn die Vertreter am Donnerstag auf der Generalversammlung des Weltverbandes in Orlando für das ehrgeizige Projekt stimmen. »Geld, das den nationalen Verbänden zugute kommt, um in die Entwicklung des Tennissports auf der ganzen Welt zu investieren«, wirbt Haggerty.
Der Amerikaner benötigt eine Zwei-Drittel-Mehrheit. 147 Nationen dürfen abstimmen, je nach Größe des Verbandes ist die Anzahl der Stimmen verteilt. Deutschland als größter Verband der Welt besitzt wie die Veranstalter-Nationen der vier Grand-Slam-Turniere zwölf Stimmen - und wird diese gegen die Pläne einsetzen. »Wir werden definitiv dagegen stimmen«, sagte DTB-Chef Ulrich Klaus. »Weil wir finden, dass so der Geist des Davis Cups komplett verloren geht.«
Vor allem die Tatsache, dass es nur noch in der Vorrunde Heim- und Auswärtsspiele gibt, stößt auf Ablehnung. »Wir wollen auch weiterhin die Möglichkeit haben, den Tennisfans in Deutschland unsere besten Spieler zu präsentieren«, so Klaus. Darüber hinaus sei bei dem Deal mit der Investmentfirma noch vieles unklar.
Unterstützung bei seiner ablehnenden Haltung findet der DTB bei einigen Verbänden in Europa, vor allem aber in Australien. Denn erst vor einigen Monaten haben die Australier zusammen mit der Herren-Tour ATP die Wiedergeburt des World Team Cups publik gemacht, der viele Jahre in Düsseldorf stattfand. Von 2020 an sollen Anfang Januar 24 Nationen den inoffiziellen Mannschaftsweltmeister ermitteln - nur zwei Monate nach der geplanten neuen Davis-Cup-Woche. Ob die eh schon stark beanspruchten Spieler das mitmachen, ist unklar.
»Dass der Davis Cup Reformen bedarf, ist klar. Aber die radikale Reform, die jetzt auf dem Tisch liegt, kann nicht die Lösung sein«, meint Klaus, der bis zur Abstimmung noch Überzeugungsarbeit leisten will. »Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingt, weitere Nationen auf unsere Seite zu ziehen.« dpa/nd
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