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Bouffier blättert und schweigt
Hessen: Kontroverse zum Ende des NSU-Ausschusses
Gut zwei Monate vor der hessischen Landtagswahl hat der Untersuchungsausschuss des Landtags zur Aufklärung von Behördenversagen bei der Mordserie der Neonazi-Terrorbande NSU seine Arbeit abgeschlossen. Bei der zweistündigen Debatte des Abschlussberichts im Landtag wurden noch einmal unterschiedliche Standpunkte deutlich, die sich im offiziellen Bericht und den Minderheitsvoten der Opposition niederschlugen.
Ausgehend von dem NSU-Mord an dem Kasseler Internetcafé-Betreiber Halit Yozgat 2006 äußerten SPD und LINKE scharfe Kritik an Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Er war damals als Innenminister verantwortlich für die Sicherheitsorgane und das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV). Dass der LfV-Mitarbeiter Andreas Temme mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Tatzeit am Tatort war und unter Mordverdacht geriet, hatte Bouffier monatelang den zuständigen Landtagsausschüssen verschwiegen. Als schließlich gegen Temme ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, habe sich Bouffier persönlich eingemischt und dafür eingesetzt, dass dieser keine finanziellen Nachteile erleide, kritisierte die Abgeordnete Nancy Faeser (SPD).
»Es ist belegt, dass Bouffier das Parlament 2006 wissentlich falsch informierte, persönlich zum Scheitern des Disziplinarverfahrens gegen Temme beitrug und durch rechtswidrige Sperrung der V-Leute die Ermittlungschancen der Polizei zum NSU-Mord behindert hat«, so Hermann Schaus (LINKE). Statt Hinweise auf Täter aus der rechten Szene aufzugreifen, hatten die Behörden damals die Familie Yozgat monatelang bespitzelt und somit kriminalisiert.
Beide Oppositionspolitiker forderten Bouffier auf, sich persönlich bei der Familie Yozgat für das Behördenversagen und die eigenen Fehler zu entschuldigen. Der Regierungschef reagierte darauf nicht. Während der Debatte vertiefte er sich in Akten und schwieg. Kritiker sehen darin die Strategie, die Affäre »auszusitzen«.
Die von der Linksfraktion angeregte Einberufung des bisher aufwendigsten Untersuchungsausschusses in Hessen seit 1945 war 2014 nur mit den Stimmen von SPD und LINKE beschlossen worden. Die Regierungsparteien CDU und Grüne sowie die oppositionelle FDP enthielten sich der Stimme. »Überall wurde an einem Strang gezogen, nur nicht in Hessen«, kommentierte Faeser die Tatsache, dass im Bundestag und in anderen Landtagen entsprechende NSU-Ausschüsse einstimmig beschlossen wurden. Die Stimmenthaltung sei ein Fehler gewesen, gab Jürgen Frömmrich (Grüne) in einem Anflug von wahlkampfbedingter Selbstkritik zu.
Demgegenüber sprang Ex-Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) für Bouffier in die Bresche. Er zitierte einen Pressebericht von 2012, wonach er, Hahn, damals als Vize-Ministerpräsident sich in Kassel bei der Familie Yozgat entschuldigt habe. Eine Entschuldigung Bouffiers sei daher nicht mehr nötig, so der Liberale, der sich damit offenbar als möglicher Partner in einer künftigen Landesregierung anbot. Nach aktuellen Meinungsumfragen könnte das schwarz-grüne Bündnis unter Bouffier in einem künftigen Sechs-Parteien-Parlament seine absolute Mehrheit verlieren und auf die FDP angewiesen sein.
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