Ohrfeige

Der Rücktritt Frankreichs Umweltminister Nicolas Hulot ist nicht nur die Quittung für die Umweltpolitik der Regierung, sondern eine schallende Ohrfeige für Macron.

  • Ralf Klingsieck
  • Lesedauer: 2 Min.

Frankreichs Umweltminister Nicolas Hulot ist zurückgetreten, wie er am Dienstag überraschend in einem Rundfunkinterview bekannt gab. Vorab habe er weder Präsident Emmanuel Macron noch Premier Edouard Philippe informiert, weil er »befürchtete, dass sie mich noch einmal umstimmen könnten«. Der 63-Jährige hatte als Fernsehjournalist mit Natursendungen Popularität erlangt.

Dass Macron ihn, der zuletzt Leiter einer Naturschutzstiftung war, 2017 für seine Regierung gewinnen konnte, war ein geschickter Schachzug. Die Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy und François Hollande, die ihm diesen Posten schon 2007 und 2012 angeboten hatten, waren abgewiesen worden. Doch bald musste Hulot erkennen, dass sein Einfluss begrenzt war und die Politik auf Wirtschaftsliberalisierung ausgerichtet war und kaum Platz für die Umwelt ließ.

Viele seiner Wahlkampfversprechungen hatte Macron schnell vergessen. Dazu gehört die Schließung des AKW Fessenheim, die Senkung des Anteils der Atomenergie bei der Stromerzeugung auf 50 Prozent, die nun frühestens 2025 kommen soll, die Senkung des Einsatzes von Schädlingsbekämpfungsmitteln oder Maßnahmen zum Schutz der Artenvielfalt. Dem standen bescheidene Erfolge gegenüber wie ein Dekret über die Verwendung von Bio-Obst und -Gemüse für das Schulessen.

Immer wieder musste Nicolas Hulot »Kröten schlucken«, wenn er beim Tauziehen etwa mit dem Landwirtschaftsminister über ein Verbot des Herbizids Glyphosat per Entscheidung des Regierungschefs den Kürzeren zog. Dass er trotzdem aushielt, begründete Hulot damit, dass er »immer die Hoffnung hatte, den Kurs noch korrigieren zu können«. Den letzten Ausschlag gab eine Sitzung mit den Jägerverbänden, deren Forderungen nach einer Gebührensenkung für die Jagdzulassung und das Recht, auch bedrohte Vogelarten jagen zu dürfen, erfüllt wurden.

Hulots Rücktritt ist nicht nur die Quittung für die Umweltpolitik der Regierung, sondern eine schallende Ohrfeige für Macron. »Ich will nicht länger lügen«, erklärte Hulot und machte damit deutlich, was er vom Wert der Worte Macrons hält.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -