Proteste gegen rechten Schulterschluss

In Mailand trafen sich Ungarns Premier und Italiens Innenminister / 15.000 Menschen demonstrierten dagegen

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor europäischen Gipfeltreffen wie dem der Verteidigungsminister in Wien am Mittwoch und Donnerstag, auf dem die Fortführung des Mittelmeerprogramms EuNavFor beraten werden soll, wollten die rechten Führer Italiens und Ungarns ein Zeichen setzen: In der Mailänder Präfektur trafen sich Italiens Innenminister Matteo Salvini von der Lega und der Budapester Premier Viktor Orbán am Dienstag zu einem politischen Gespräch. Beide Politiker berieten, wie Europa noch stärker vor Flüchtlingen abzuschotten sei und in welche Richtung man die EU lenken wolle.

»Wir stehen vor einer entscheidenden Wandlung in Europa«, erklärte Salvini, der gemeinsam mit Orbán vor die Presse trat. Es gehe vor allem darum, den »verweichlichten« Flüchtlingskurs Frankreichs zu stoppen und ein »deutliches Signal gegen illegale Einwanderung« zu setzen, so beide Politiker. Ähnlich der Grenzsicherungen in Südungarn werde Italien auch seine Grenzen zu Frankreich bei Ventimiglia sichern, erklärte Salvini. Politischer Hauptfeind sei derzeit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Gegen dessen Politik wolle man im kommenden Jahr gemeinsam bei den Europawahlen antreten. Orbán erwog, die Lega und »seinen Freund Matteo« in die Fraktion der Europäischen Volkspartei zu integrieren. Bislang ist Italien dort nur mit den Abgeordneten der Forza Italia und Alternativa Populare vertreten.

Frankreichs Präsident reagierte auf die Angriffe und nahm die Herausforderung an. »Ich werde den Nationalisten und denen, die diese Hassrede befürworten, kein Stück nachgeben«, sagte Macron am Mittwoch bei einem Besuch in Dänemark vor Journalisten. »Und wenn sie in mir ihren Hauptgegner sehen wollten, haben sie recht.«

Der ungarische Regierungschef Orbán vertritt die restriktive Migrationspolitik nicht nur seines Landes, sondern auch des informellen Bündnisses der Visegréd-Staaten, zu denen noch Polen, die Slowakei und Tschechien zählen.

Bislang war das osteuropäische Bündnis ein »kleines Ärgernis« am östlichen Rand der EU. Sollte Orbán mit seinem Besuch in Mailand jedoch eine stärkere Allianz zwischen Ungarn und Italien schließen und das Belpaese gar in den Visegréd-Vertrag kooptieren, dürfte Brüssel schärferer Gegenwind ins Gesicht blasen. Genau dies ist das Ziel der neuen Freunde Salvini und Orbán.

Allerdings findet die Vision eines rechten Italiens in der Opposition zu einem europäischen Integrationskurs keinen großen Anklang beim Koalitionspartner, der Fünf-Sterne-Bewegung. Salvinis Amtskollege aus der Sternebewegung, Luigi Di Maio, erklärte, die ungarische Haltung verhindere eine Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Mitglieder und schlage somit auf Italien zurück. Rechtspopulismus könne für Italien keine politische Lösung bringen, so Di Maio mit Blick auf die eigene eher links gerichtete Anhängerschaft, aus der bereits seit geraumer Zeit Unmut über Salvinis Flüchtlingspolitik grollt.

Und auch beim parteilosen Regierungschef Italiens, Giuseppe Conte, stieß das Treffen Salvini-Orbán auf deutliche Ablehnung. »Innenminister haben nicht das Recht, gegenüber einem ausländischen Regierungschef als Vertreter der Regierung oder gar Italiens aufzutreten«, so der verärgerte Conte.

Ein Bild des Unmuts bot sich zudem im Straßenbild des lombardischen Hauptorts: Mehr als 15 000 Menschen schlossen sich der Protestdemonstration gegen den ausländerfeindlichen Kurs der Lega und des sie in der Regierung vertretenden Innenministers und Vizepremiers an. Aufgerufen zu den Protesten unter den Losungen »Europa ohne Mauern« und »Wir bleiben menschlich« hatten die Demokratische Partei, Liberi e Uguali (Frei und Gleich, Leu), die Gewerkschaft CGIL, der italienische Partisanenverband, Studentenorganisationen sowie soziale Zentren.

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