- Sport
- Tennis der Frauen
Wenn das T-Shirt verkehrt herum sitzt
Die Französin Alizé Cornet zieht auf dem Tennisplatz kurz ihr Oberteil aus - und kassierte dafür eine Strafe.
Alizé Cornet hatte den Vorfall schnell als Fehler eines überforderten Schiedsrichters abgehakt. Passiert war es bei den US Open in New York: Dort zog sich Cornet am Dienstag während ihrer Erstrundenniederlage nach dem zweiten Satz um und bemerkte erst auf dem Platz, dass sie ihr frisches Oberteil verkehrt herum trug. Also zog sie es schnell aus und wieder an, stand für einige Sekunden im Sport-BH auf dem Platz und kassierte zu ihrem Erstaunen dafür eine Verwarnung. Der US-Tennisverband bedauerte dies am Mittwoch, denn alle Profis - männlich wie weiblich - dürften sich auf ihrem Stuhl umziehen.
Da hatte es schon reichlich Entrüstung und viel Solidarität für Cornet gegeben. »Alle Spielerinnen haben mich unterstützt und gesagt, wenn ich eine Strafe bekomme, werden wir gemeinsam zur WTA gehen und eine Revolution anzetteln«, berichtet die Französin. Sie habe alle beruhigt: »Lasst uns erst die Informationen abwarten und schauen, ob wir einen Aufstand machen oder nicht.«
Die Profiorganisation WTA teilte mit, sie sehe sich als Vorkämpferin der Gleichberechtigung. US-Tennis-Ikonen wie Billie Jean King und Tracy Austin schimpften über veraltete Regeln, der US-Verband räumte den Fehler ein und war froh, dass es keine weitere Strafe gab, die das Spiel beeinflusst hätte. Damit war der Fall an sich erledigt.
Schauplatz Paris: Bei der Rückkehr zu den French Open nach ihrer Schwangerschaft trat Serena Williams Ende Mai in einem schwarzen - für manche offenbar zu aufreizenden - Ganzkörperanzug an, der vor allem die Durchblutung fördern sollte. Frankreichs Verbandspräsident Bernard Giudicelli will nun aus »Respekt vor dem Spiel« strengere Kleidervorschriften einführen. »Manchmal sind wir zu weit gegangen«, sagt Giudicelli, meint mit dem »wir« aber die Spielerinnen. Williams sagt, sie habe mit ihm gesprochen, und man werde sich einigen. Sie plane ohnehin, den Anzug nicht mehr zu tragen.
Cornet ist dagegen noch sauer auf ihren Landsmann. »Was Bernard Giudicelli über den Catsuit gesagt hat, war zehntausendmal schlimmer als das, was mir auf dem Platz passiert ist«, sagte die 28-Jährige. Die frühere Nummer eins Victoria Asarenka pflichtete ihr bei. Sie habe keine Ahnung, was respektlos daran sei, Tennis in einem Catsuit zu spielen.
Die 29-Jährige aus Belarus sah zudem in der Verwarnung für Cornet sehr wohl ein grundsätzliches gesellschaftliches Problem. Solche Dinge müssten von Anfang an unterbunden werden. »Es gibt immer unterschiedliche Standards für Männer und Frauen«, klagte Asarenka. Judy Murray, die Mutter des Ex-US-Open-Siegers Andy Murray, wies ebenfalls darauf hin, dass sich Männer ohne Beanstandung ständig ein frisches Tennishemd anziehen dürften.
Auch Cornet fand, Frauen würden grundsätzlich etwas anders behandelt, im Tennis gebe es aber auch viel Gleichberechtigung. So schütten alle vier Grand-Slam-Turniere mittlerweile Preisgeld in gleicher Höhe für Frauen und Männer aus, auch wenn das lange Zeit anders war.
Nicht alle auf das Thema angesprochenen Spielerinnen wollten oder durften sich indes äußern. Tatjana Maria erklärte nach ihrem Aus, sie sei angewiesen, nichts zu sagen. Von wem, blieb unklar. Auch Venus Williams wurde nach ihrem Zweitrundensieg als Erstes nach Cornets Verwarnung gefragt. Sie wolle jedoch nur über ihr eigenes Match reden. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.