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+++ AfD-Aufmarsch kam nicht sehr weit +++

5000 Teilnehmer protestierten gegen rechte Gewalt und Rassismus / Wiederholte Übergriffe auf Journalisten*innen / AfD und Pegida initiierten »Trauermarsch« für getöteten 35-Jährigen

  • Sebastian Bähr (Chemnitz) und Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 11 Min.

Update 22:35 Uhr: Bilanz zum Feierabend
Zum Feierabend für unseren heutigen Newsblog aus Chemnitz noch eine positive Nachricht: Die Polizei hat sich nun doch entschieden, einen Kessel mit etwa 300 Antifschist*innen nach mehreren Stunden aufzulösen.

Das erste vorläufige Fazit fällt dagegen widersprüchlich aus: Dank Blockaden gelang es, den sogenannten Schweigemarsch der AfD deutlich zu verkürzen. In der Folge zeigten sich die zahlreichen teilnehmenden Hooligans und anderen Neonazis wie schon am Montag besonders aggressiv und gewalttätig. Leise und still, wie von Höcke gefordert, blieb der Aufmarsch jedoch nicht. Wiederholt kam es zu Übergriffen von Rechten auf Gegendemonstranten und Journalist*innen. Wie viele Verletzte es gab, dürfte erst im Lauf des Sonntags wirklich klar sein.

Update 22:23 Uhr: SPD-Politiker von Rechtsradikalen überfallen
Eine Gruppe um den SPD-Bundestagsabgeordneten Sören Bartol ist am Samstagabend in Chemnitz nach eigenen Angaben von Rechtsradikalen überfallen worden. »Meine Gruppe aus Marburg wurde gerade auf dem Weg zum Bus von Nazis überfallen«, schrieb der hessische SPD-Politiker am Samstagabend auf Twitter. Alle SPD-Fahnen seien »zerstört« worden, einige seiner Begleiter seien »sogar körperlich angegriffen« worden, berichtete Bartol. Er fügte hinzu: »Ich bin entsetzt« und »Was ein Schock«. Die Polizei sei »schnell« da gewesen und habe »einen guten Job gemacht«. Seine Gruppe sei dann von der Polizei bis zum Bus begleitet worden.

Update 21:37 Uhr: Nazis kamen nicht sehr weit
Erste Schätzungen zum heutigen Tag in Chemnitz: 4500 Rechtsradikale beteiligten sich an den Aufmärschen von ProChemnitz, AfD und Pegida. 3500 Menschen protestierten dagegen. Die Nazis konnten aufgrund von Blockaden nur rund ein Viertel ihrer Strecke laufen. Leider gab es aber auch heute wieder zahlreiche rechte Übergriffe auf Gegendemonstranten und Journalist*innen.

Update 20:53 Uhr: Sogenanntes Gedenken
Da, wo vor gut einer Woche der 35-Jährige Chemnitzer niedergestochen wurde, haben sich inzwischen einige Hundert rechte Demonstranten versammelt um dem Toten »zu gedenken«. Die Polizei hat die Rechten letztlich in kleineren Grüppchen eine Absperrung passieren lassen. Wie das sogenannte Gedenken aussieht? Die Gruppe skandiert immer wieder »Wir sind das Volk«, einige Hooligans treten vermummt auf und erklären »Wir bleiben hier«.

Update 20:44 Uhr: Rechte versuchten es noch einmal
Gerade als es so aussah, als würde sich die Stimmung am Karl-Marx-Monument endgültig entspannt haben, wurde es noch einmal für kurze Zeit brenzlig. Mehrere Hundert Rechtsradikale hatten versucht, eine Polizeiabsperrung zu durchbrechen. Ihr Ziel? Der Tatort wo vor einer Woche ein 35-Jähriger erstochen wurde. Inzwischen ist die Lage aber weitestgehend entspannt.

Update 20:15 Uhr: Keine Spontandemo der Rechten
Die wenigen verbliebenen Rechtsradikalen am Karl-Marx-Monument haben versucht, eine Spontankundgebung anzumelden. Die Polizei hat das Ansinnen abgelehnt und die Neonazis aufgefordert, den Platz zu verlassen.

Update 20:06 Uhr: Neonazis verlassen Platz vor Marx-Monument
Unser Kollege berichtet, dass die meisten Rechtsradikalen inzwischen den Platz vor dem Karl-Marx-Monument verlassen haben. Allerdings seien die Neonazis jetzt teilweise in größeren Gruppen unterwegs, nicht immer unter Begleitung der Polizei. Mehrere Hundert Rechte wollen allerdings weiterhin den Platz nicht räumen und verhalten sich aggressiv.

Update 19:46 Uhr: Nazis reagieren aggressiv auf Abbruch
Nicht nur ist schon längst nicht mehr von einem friedlichen Schweigemarsch die Rede, Tausende Rechtsradikale reagieren zunehmend aggressiv und gewaltbereit, weil der Aufzug aufgelöst wurde, berichtet unser Kollege vor Ort. Immer wieder ertönen »Widerstand«-Rufe. Die Polizei hat Wasserwerfer aufgefahren und eine Kette gebildet, um die Neonazis nicht in die Nähe der nur wenige hundert Meter entfernt stattfindenden »Herz statt Hetz«-Kundgebung zu lassen. Der Kollege schätzt allerdings, dass die Polizei erneut mit viel zu wenigen Einsatzkräften vor Ort ist, um im Fall einer völligen Eskalation reagieren zu können.

Update 19:35 Uhr: Warten für Rechte hat ein Ende
Das lange Warten hat für den AfD-Aufmarsch ein Ende - aber anders als gedacht. Wie die Polizei vor wenigen Minuten via Twitter mitteilte, wurde die Veranstaltungsleitung aufgeordert, die Versammlung zu beenden. Auf Twitter schreibt die Polizei: »Die Versammlungszeit der Demonstration AfD ist bereits überschritten, eine Umgehung der Bahnhofstraße/Zschopauer Straße ist aus gefahrenabwehrrechtlichen Gründen nicht möglich.«

Update 19:22 Uhr: Anzeige nach Angriff auf MDR-Team
Am Rande des Demonstrationsgeschehens in Chemnitz hat es offenbar einen Angriff auf Journalisten gegeben. Die Polizei bestätigte am frühen Samstagabend auf epd-Anfrage die Anzeige eines Teams vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Eine Polizeisprecherin sagte, den Angaben zufolge habe es einen Vorfall in einer Wohnung am Rande des Geschehens gegeben. Das Team habe von dort drehen wollen, ein Bewohner sei damit aber nicht einverstanden gewesen. Er habe den MDR-Mitarbeiter weggestoßen. Der betroffene MDR-Mitarbeiter habe sich demnach nach dem Geschehen vorübergehend ins Krankenhaus begeben müssen. Der MDR selbst schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter, der Vorfall mit dem Kamera-Team werde durch die Polizei untersucht: »Eine Einordnung ist bis zur endgültigen Prüfung nicht möglich.«

Update 19:04 Uhr: Nazis werden zunehmend nervöser
Weil der sogenannte Schweigemarsch noch immer auf Höhe des Karl-Marx-Monumentes zum Stehen verdammt ist, werden Hunderte Rechtsradikale langsam nervös, berichtet unser Kollege vor Ort. Demnach gibt es wohl Versuche, an der Polizei vorbei in Richtung der Gegendemonstration »Herz statt Hetze« zu gelangen. Die Beamten versuchen, das Durchsickern zu verhindern.

Update 18:49 Uhr: Rechter Aufmarsch steht
Der rechte »Schweigemarsch« legt seit einigen Minuten eine Zwangspause auf Höhe des Karl-Marx-Monumentes ein. Grund ist offenbar, dass Hunderte Gegendemonstranten entlang der Aufmarschroute mehrere Blockaden errichtet haben. Die Polizei überlegt nun, wie sie mit der Situation umgehen soll. Über ihren Twitterkanal teilt sie lediglich mit: »Einige Störer versuchen auf die Aufzustrecke zu gelangen. Unsere Einsatzkräfte werden teilweise gezwungen, unmittelbaren Zwang einzusetzen!«

Update 18:31 Uhr: Übergriffe auf Journalist*innen
Inzwischen ist der »Schweigemarsch« einige Hundert Meter gelaufen und steht nun etwa auf Höhe des Karl-Marx-Monumentes. Friedlich bleibt der Aufzug allerdings längst nicht. Unser Kollege vor Ort berichtet von mehreren Übergriffen durch Rechtsradikale auf Journalist*innen. Direkt vor seinen Augen wurde etwa eine Reporterin tätlich angegriffen.

Update 18:08 Uhr: Rechte werden unruhiger
Kennt wohl jeder von einer Trauerzeremonie, deren Ablauf sich etwas verzögert. Aus der zum Start bereiten Aufmarsch der Rechten ertönt immer wieder das Gebrüll »Lügenpresse« und »Laufen«. Sollte das nicht ein Schweigemarsch werden?

Update 18:00 Uhr: Höcke mit weißer Rose
Björn Höcke hat sich im schwarzen Anzug und einer weißen Rose in der Hand in der ersten Reihe des AfD-Pegida-Aufmarsches aufgestellt. Direkt hinter stand übrigens eben kurz Lutz Bachmann. Bisher scheint der völkische Frontmann seinen Auftritt zu genießen. Klar, ihm gegenüber stehen zeitweise auch ein Dutzend Kameraleute und Fotografen, um ihn bei seiner Inszenierung abzulichten. Hinter ihm versammeln sich wiederum etwa 3500 Rechte, die ihm folgen wollen. Mit Höcke in der ersten Reihen stehen Jörg Urban (AfD Chef Sachsen) und Uwe Kalbitz (Brandenburg).

Update 17:37 Uhr: Aufmarsch will starten
Es hat offenbar ein paar Kontroversen darum gegeben, ob sich die Teilnehmer der »Pro Chemnitz«-Veranstaltung einfach so dem AfD-Aufmarsch anschließen dürften. Wäre logisch: Die Rechtsaußenpartei will Aufnahmen vermeiden, auf denen sich Hooligans und andere Rechtsradikale daneben benehmen. War dann am Ende aber wohl doch kein wirkliches Problem: Beide Aufmärsche haben sich inzwischen vereinigt und wollen mit Björn Höcke an der Spitze gleich losmarschieren.

Update 17:30 Uhr: Offenbar Attacke auf Journalisten
Offenbar hat es einen Angriff auf einen Journalisten gegeben. Wie der MDR auf seiner Website schreibt, soll einer seiner Reporter angegriffen worden sein. Nach Darstellung des Kollegen hätten die Journalisten bei einem Anwohner geklingelt, um zu fragen, ob sie eine der Demonstrationen vom Balkon aus filmen dürften. Die Kollegen wurden wohl in die Wohnung gelassen, dann aber von einem Bewohner attackiert. Ein Journalist soll dabei die Treppe hinuntergestoßen worden sein. Dabei habe sich der Kollege leicht verletzt, seine Kamera soll beschädigt worden sein.

Update 16:52 Uhr: AfD-Aufmarsch soll demnächst beginnen
Die Kundgebung von »Pro Chemnitz« am »Nischel« ist vor wenigen Minuten beendet worden. Das war offenbar nicht ganz so geplant. Eigentlich wollte man geschlossen zum AfD-Aufmarsch um 17 Uhr laufen, doch es hat wohl Ärger mit der Polizei gegeben, die die Zug nicht in Richtung der AfD gehen lassen wollte. Also hat »Pro Chemnitz« seine Veranstaltung kurzerhand aufgelöst und die Teilnehmer machten sich eigenmächtig auf den Weg. Der AfD-Politiker Björn Höcke hatte im Vorfeld übrigens erklärt, der angekündigte »Trauermarsch« solle völlig ruhig und gesittet über die Bühne gehen. Wenn man sich allerdings anschaut, was für Teilnehmer nun zu der Versammlung strömen, ist das mehr als fraglich. Unser Reporter vor Ort hat zahlreiche Hooligans und anderen Rechtsradikale gesichtet, die sich dem Aufmarsch anschließen wollen. Auf dem Weg dahin skandiert die Menge ihre üblichen Parolen »Wir sind das Volk« und »Merkel muss weg«.

Update 16:33 Uhr: Tausende gegen Rechts
Wir haben versucht, an dieser Stelle ein paar vorläufige Zahlen für euch zum heutigen Geschehen zu besorgen. Laut Beobachter*innen vor Ort beteiligen sich zur Stunde etwa 5000 Menschen an den zahlreichen Protesten gegen Rechts, bei »Pro Chemnitz« versammeln sich bisher etwa 1500 Teilnehmer.

Update 16:18 Uhr: Bunt statt braun
Neben der AfD und Pegida hat heute auch die Gruppierung »Pro Chemnitz« wieder eine Kundgebung angemeldet. Die Veranstaltung findet am bekannten Karl-Marx-Monument statt. Wirklich Freude dürften die Rechten da allerdings nicht haben. Bevor die Rassisten anrückten, haben Aktivist*innen am »Nischel« ein Banner angebracht, auf dem es heißt: »Chemnitz ist weder grau noch braun«. Apropos braun: Unter den derzeit etwa 1000 Teilnehmern auf der »Pro Chemnitz«-Kundgebung treibt sich die erartbare Klientel herum: Bereits gesichtet wurden Personen mit »Thor Steinar«-Klamotten oder so unsymmpatischen Aufdrucken wie »Division Erzgebirge« und »N.A.Z.I.«

Und um unschöne, eindeutige Fotos wie am Montagabend zu verhindern, erklärt laut unseres Reporters vor Ort einer der Ordner: »Grüsst mit links, lasst euch nicht von der Presse bei der falschen Posse fotografieren.«

Update 16:06 Uhr: Unterstützung wilkommen
Das lässt sich sehen: Hunderte Antifaschist*innen aus Leipzig, Dresden und anderen Städten sind mittlerweile beim Kundgebungsplatz von »Herz statt Hetze« angekommen.

Update 16:00 Uhr: Wo ist eigentlich Innenminister Seehofer?
Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock hätte gern auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Sonnabend in Chemnitz bei den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus gesehen. »Chemnitz ist kein Einzelfall, rechtsradikale Aufmärsche gibt es immer wieder an unterschiedlichen Orten«, sagte sie am Rande der »Herz statt Hetze«-Demonstration in der sächsischen Stadt der Deutschen Presse-Agentur. Mit einmaligen Statements sei es da nicht getan, es brauche ein breites Bündnis für Demokratie aller demokratischen Parteien und der Bundesregierung.

Update 15:54 Uhr: Sachsens CDU hat Probleme ignoriert
Auch Rico Gebhardt, Fraktionsvorsitzender der sächsischen LINKEN im Landtag, nimmt an den Protesten der Zivilgesellschaft in Chemnitz teil. Die Verantwortung für die Probleme mit Rechten im Freistaat sieht er bei der CDU, die seit der Wiedervereinigung in Sachsen regiert: »Die sächsische CDU hat vor allem toleriert, sie hat akzeptiert, sie hat abmoderiert, sie hat nicht wahrnehmen wollen, dass wir tatsächlich ein Problem mit Rechtsaußen in diesem Land haben. So wurde der NSU sofort als Thüringer Terrorzelle bezeichnet. Man hat sich in Sachsen damit nicht identifizieren wollen. Man hat die Probleme immer abgelehnt und dann hat man vor allem die Zivilgesellschaft unterdrückt.«

Chemnitz. In Chemnitz sind am Samstagnachmittag bereits mehr als 1000 Menschen zusammengekommen, um unter dem Motto »Herz statt Hetze« gegen Rassismus und rechte Gewalt zu demonstrieren. Zu der von einem breiten Bündnis getragenen Großdemonstration »Chemnitz Nazifrei« werden auch Bundespolitiker wie SPD-Vizechefin Manuela Schwesig, LINKEN-Fraktionschef Dietmar Bartsch und die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock erwartet. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort.

Die Lage war laut Polizei zunächst ruhig in der Stadt. Am Samstagvormittag hatten bereits Friedensgruppen in Chemnitz demonstriert. Auch dabei habe es keine Störungen gegeben, erklärte ein Polizeisprecher.

Zuvor hatten Chemnitzer Bürger, Unternehmer und Wissenschaftler einen Aufruf an ihre Mitbürger an den berühmten »Nischel« geklebt. Auf dem Plakat am Sockel des Karl-Marx-Monuments steht: »Chemnitz ist weder grau noch braun«. Und auf der Internetseite der Initiative #wirsindmehr heißt es: »Womit wir nicht leben können, sind Hass, Gewalt, Intoleranz und vor allem Wegschauen.« Das sei der Nährboden, auf dem Demokratiefeindlichkeit wachse. »Das macht Angst. Aber aus der entsteht der Mut, den es jetzt von uns Bürgern braucht.«

Am späten Nachmittag sollte in der Stadt eine von der AfD angemeldete Kundgebung stattfinden. Auch die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung will sich beteiligen. Die rechtsextreme Organisation Pro Chemnitz rief ebenfalls erneut zu einer Demonstration auf. Agenturen/nd

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