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Aufbruch unterm Regenbogen

Der DFB deutet den Sieg seiner Fußballerinnen auf Island als gutes Omen für seine Pläne

  • Frank Hellmann, Reykjavik
  • Lesedauer: 4 Min.

Ursprünglich war die Blaue Lagune mal ein Geheimtipp der Jugendlichen von Reykjavik, die das abfließende Wasser eines Geothermalkraftwerks als unbehelligte Bademöglichkeit entdeckten. Aber spätestens als das gesamte Areal in der Nähe des Flughafens Keflavik im vergangenen Jahr noch einmal deutlich vergrößert wurde, gibt es kaum noch Island-Touristen, die diese Station auslassen. Auch Horst Hrubesch hat das weltberühmte Wellnessareal aufgesucht, als der Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und Interimstrainer des Frauen-Nationalteams im Dezember die Insel im Nordatlantik bereiste. Eigentlich wäre der Hobbyfischer ja lieber irgendwo zum Angeln gefahren, »aber das erlaubt meine Frau im Urlaub nicht.«

Hrubesch erzählte die Episode am Sonnabend nach dem erlösenden 2:0-Erfolg gegen die Isländerinnen mit einem breiten Grinsen. Der Mann hat mal wieder eine Mission erfüllt: die Qualifikation für die Frauen-WM 2019 in Frankreich unter Dach und Fach zu bringen. In der letzten Partie auf den Färöer am Dienstag kann eigentlich kaum noch etwas schiefgehen. Das Hinspiel gewannen die deutschen Fußballerinnen mit 11:0. Für das wichtigste Spiel seiner kurzen Amtszeit knobelte der sturmerprobte Nothelfer eine vor allem wetterfeste Ausrichtung aus: Ein deutsches Team, das sich in der Wahl seiner Mittel bei Regen, Wind und Sonne am isländischen Vorgehen orientierte - weil es immer wieder lange Schläge einstreute.

Für den Pragmatiker war es die logische Lehre aus der 2:3-Hinspielblamage, wo Alexandra Popp und Co. vor lauter Kombinieren das Toreschießen vergaßen. »Wir haben den Gegner überrascht: Er hat nicht damit gerechnet, dass wir ihn mit den eigenen Waffen schlagen«, konstatierte der 67-Jährige genüsslich und wirkte so zufrieden, als sei ihm in der windigen Bucht von Reykjavik ein prächtiger Dorsch an den Haken gegangen. »Der Plan ist perfekt aufgegangen«, lobte die Sturmführerin Popp. »Wir haben die Bedingungen für uns genutzt«, befand die Kapitänin Kristin Demann, die sich mit ihrer Übersicht als Abwehrchefin zur stärksten Akteurin aufschwang.

Mit heißem Herzen und kühlem Kopf setzten »meine Mädels« (Hrubesch) die Vorgabe um, als wüssten sie die Gegensätze auf dem Land aus Feuer und Eis perfekt zusammenzubringen. Zwei Mal traf Offensivallrounderin Svenja Huth (42. Minute und 74. Minute) als Kontrapunkt zur »Huh! Huh! Huh!«-Unterstützung von den in einem Frauenspiel erstmals mit 15 000 Zuschauern voll besetzten Tribünen im Stadtteil Laugardalur.

Zumindest der eifrig mitklatschende DFB-Präsident Reinhard Grindel deutete den wundervollen Regenbogen, der sich über dem zugigen Nationalstadion zeigte, als Symbol für den Aufbruch des gesamten deutschen Fußballs. »Der September ist ein wichtiger Monat für den DFB. Das war ein toller Auftakt.« Grindel sehnt ähnliche Erfolgsmeldungen für das Männer-Team in der Nations League gegen Weltmeister Frankreich am 6. September und vor allem für die Vergabe der Europameisterschaft 2024 am 27. September herbei. Eine Grundsatzdiskussion im Frauenfußball hätte da noch gefehlt. Auch Joti Chatzialexiou, der sportliche Leiter in der DFB-Direktion von Oliver Bierhoff, verfolgte den Stresstest vor Ort.

Die Erleichterung war der Männerrunde der DFB-Funktionäre anzusehen, die in der Aufwärmhalle des Stadions Laugardalsvöllur flachste und mehrfach auf das breite Hrubesch-Kreuz klopfte. Selbstvertrauen einimpfen und Zusammenhalt fördern kann der Mann generationen- und geschlechterübergreifend wie kein anderer. Hrubesch war sich übrigens sicher, dass »meine Mädels erst 70, 75 Prozent des Leistungsvermögens« abgerufen haben. Zumal die Saison in der Bundesliga ja auch noch gar nicht angefangen hat.

Das Team ans Limit führen darf dann die künftige Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, die am 15. September anfangen soll, sofern die 50-Jährige nicht noch selbst mit der Schweiz in die Playoff-Runde mit den vier besten Gruppenzweiten muss. Sie wird beizeiten die Debatten vertiefen, warum es auf Vereinsebene oder im Nachwuchsbereich ernste Warnsignale gibt, dass der deutsche Frauenfußball nicht mehr zur Weltspitze zählt. Hätten die Olympiasiegerinnen ihre Pflichtaufgabe auf Island nicht erfüllt, wären Grundsatzdiskussionen wie sie gerade bei den Männern geführt werden, unausweichlich gewesen. Statt dessen konnten die deutschen Spielerinnen am Sonntag einen freien Nachmittag genießen, da der Weiterflug auf die Färöer Inseln erst für den späten Abend terminiert war.

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