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Kein Auftrag bei Lohndumping
Linksfraktion will den Mindestlohn bei öffentlichen Vergaben auf 10,50 Euro anheben
Die aktuelle Liste der Bekanntmachungen auf der Vergabeplattform ist lang. Das Land Berlin sucht derzeit unter anderem einen Generalübernehmer für die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, die landeseigene Grün Berlin GmbH beispielsweise braucht eine Firma, die eine »WC-Einheit« liefert. Rund 3000 solcher Ausschreibungen laufen pro Jahr über die Vergabeplattform des Landes Berlin. Das Auftragsvolumen des öffentlichen Geldes, das über diese Aufträge vergeben wird, beträgt pro Jahr rund fünf Milliarden Euro. Berücksichtigt werden bei diesen lukrativen Ausschreibungen allerdings nur solche Unternehmen, die die Vorgaben des »Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes« (siehe Kasten) berücksichtigen.
Aktuell arbeitet die rot-rot-grüne Koalition an einer Novellierung der gesetzlichen Vorgaben. Eckpunkte zur Verbesserung des Vergabegesetzes hatte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) bereits vor einigen Wochen vorgelegt. Nachdem nun alle Senatsverwaltungen die Eckpunkte mitgezeichnet haben, sollen Pops Vorstellungen noch einmal im Senat besprochen werden. »Die Diskussion ist für die kommende Woche oder die übernächste Woche im Senat geplant«, bestätigt die Pressesprecherin der Wirtschaftssenatorin, Svenja Fritz.
Das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) dient dazu, Aufträge des Landes Berlin nur solchen Unternehmen zu geben, die sich auch an die Vorgaben aus dem Gesetz halten.
Im Gesetz heißt es dazu: Aufträge von Berliner Vergabestellen werden an »fachkundige, leistungsfähige, zuverlässige und gesetzestreue Unternehmen« vergeben. Zu diesen Kriterien zählen unter anderem auch, dass Entgelte und die Arbeitsbedingungen gewährleistet werden, die der nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz einzuhaltende Tarifvertrag vorgibt. Derzeit muss demnach mindestens ein Stundenentgelt von neun Euro bezahlt werden. Außerdem müssen ökologische Vorgaben eingehalten werden.
Weil die Bestimmungen des BerlAVG bereits einige Jahre alt sind und inzwischen auch auf europäischer Ebene eine neue Entsenderichtlinie verabschiedet wurde und sich Rot-Rot-Grün generell auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen verständigt hat, soll das Vergabegesetz jetzt neu gefasst werden. Mit einer Verabschiedung des neugefassten Gesetzes ist noch in diesem Jahr zu rechnen. mkr
Nach dem Senat wird die Novelle des Vergabegesetzes ins Abgeordnetenhaus eingebracht, das darüber abschließend befindet. In der Koalition laufen derzeit die Debatten, wie das neue Gesetz aussehen könnte. »Wir wollen mit öffentlichem Geld nicht Dumpinglöhne honorieren«, sagt Harald Wolf, in der Linksfraktion unter anderem Sprecher für Beteiligungen ist. Die Linksfraktion hat deshalb nach der Prämisse »Öffentliches Geld nur für gute Arbeit« einen Beschluss zur Novellierung des Vergabegesetzes gefasst, den sie in die laufende Debatte einbringt. Demnach soll wieder eine sogenannte Tariftreueklausel in das Gesetz aufgenommen werden, um sicherzustellen, dass nur solche Unternehmen mit Aufträgen bedacht werden, die sich an geltende Tarifverträge halten. »Wir wollen, dass in das neu verfasste Vergabegesetz eine generelle Tariftreueklausel eingefügt wird«, sagt Wolf. Die Linksfraktion greift damit auch eine Forderung der Gewerkschaften auf, die eine Stärkung des Tarifsystems fordern.
Um faire Löhne durchzusetzen, will die Linksfraktion darüber hinaus den derzeitigen Vergabemindestlohn, den Auftragnehmer an ihre Beschäftigten zahlen müssen, von derzeit neun Euro auf mindestens 10,50 Euro erhöhen. Der »Mindestlohnkorridor«, den die Linksfraktion vorschlägt, bewegt sich zwischen 10,50 Euro und 11,30 Euro pro Stunde. Die Zahlen ergeben sich aus Berechnungen zum Tarifvertrag der Länder, bei dem die Lohnuntergrenze ebenfalls in diesem Bereich liegt. Auch das Nachbarbundesland Brandenburg, das regional gesehen mit Berlin einen Arbeitsmarkt bildet, hat jüngst vorgeschlagen, seinen Mindestlohn im Vergabegesetz auf 10,50 Euro anzuheben. Der Kritik von Unternehmern, das Vergabegesetz sei zu bürokratisch, begegnet die Linksfraktion mit Vorschlägen zur Vereinfachung des Verfahrens. So sollen Unternehmen nicht bei jeder Bewerbung nachweisen müssen, dass sie die ökologischen und sozialen Voraussetzungen besitzen, sondern nur einmal pro Jahr. Außerdem müssen die Unterlagen für die geforderten Nachweise nur dann dargelegt werden, wenn das Unternehmen sich im Vergabeverfahren durchgesetzt hat. Um Schlupflöcher bei den öffentlichen Vergaben zu schließen, soll zudem die »Wertgrenze« von 10 000 Euro deutlich abgesenkt werden. Erst ab dieser Summe kommen die Kriterien des Gesetzes zum Tragen.
Damit die Vorgaben auch wirklich durchgesetzt werden und kein Papiertiger bleiben, will die Linksfraktion darüber hinaus Stichprobenkontrollen durchführen. Schließlich war es beim alten Vergabegesetz so, dass die Kontrollgruppe nur dann aktiv wurde, wenn die Vergabestelle sie dazu aufforderte. Dass im Prinzip nicht kontrolliert wurde, sprach sich unter den Unternehmen schnell herum. »Das Ganze macht nur Sinn, wenn es eine effektive Kontrolle gibt«, sagt Harald Wolf.
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