Unmut über Kandidaten
Biathlonweltverband wählt neue Führungsspitze
Eigentlich wollte der Biathlonweltverband IBU beim Kongress im kroatischen Porec nach dem Doping- und Korruptionsskandal einen Neuanfang starten, doch das wird schwieriger als gedacht. Vor der Präsidentschaftswahl am Freitag gibt es gegen beide Kandidaten große Vorbehalte, wie die ARD-Dopingredaktion jetzt recherchiert hat.
Zur Wahl treten an diesem Freitag die Lettin Baiba Broka und der Schwede Olle Dahlin an. Vor allem gegen die Juristin aus Lettland wurden schwerwiegende Vorwürfe erhoben, teilte die ARD mit. 2014 musste Broka als Justizministerin zurücktreten, weil der Verfassungsschutz des Landes die höchste Geheimhaltungsstufe verweigerte. Hintergrund sei wohl, dass sie eine ominöse Immobilienfirma beraten und von einem durch Interpol gesuchten Mann einen Kredit in Höhe von 100 000 US-Dollar kassiert haben soll.
Für Unmut sorgt auch Brokas führende Mitgliedschaft in der Nationalen Vereinigung »Alles für Lettland - Für Vaterland und Freiheit«, einer nationalistischen Partei. Zudem pflege sie Kontakt zur Familie des Anführers einer kremlnahen Gruppierung, die den Austritt des Landes aus der Nato fordert, heißt es weiter. Daher mache in der IBU die Sorge die Runde, Broka könne prorussische Positionen im Stile ihres Amtsvorgängers durchsetzen.
Gegenkandidat Dahlin wird als Repräsentant der alten Ära unter dem norwegischen Präsidenten Anders Besseberg eingestuft. Der Schwede saß vier Jahre lang im Vorstand des Verbandes und hat die Politik der IBU mitgetragen.
Die Erneuerung wurde nötig, weil gegen den Weltverband Ermittlungen wegen Doping- und Betrugsverdachts laufen. Spitzenfunktionäre sollen bis zu 300 000 Dollar Schmiergeld und Geschenke aus Russland erhalten haben. Die Ermittlungen richten sich auch gegen Besseberg. Der Deutsche Skiverbandes (DSV) hielt sich bis zuletzt bedeckt, welchen Kandidaten er unterstützt. »Wir befinden uns noch im Abwägungsprozess«, sagte DSV-Präsident Franz Steinle der ARD. Er selbst will sich am Wochenende zum Vizepräsidenten wählen lassen.
Der Wunsch der IBU nach Erneuerungen ist allerdings nicht nur ethischer Natur, er hat auch einen pragmatischen Hintergrund. Im Zuge des Skandals hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) alle Zahlungen an die IBU eingestellt. Die Zuwendungen sollen erst fortgesetzt werden, wenn ein neuer Präsident gewählt und das Verfahren bei Dopingfällen reformiert ist.
»In Porec wird sich entscheiden, was wir für einen Sport bekommen«, sagte der französische Superstar Martin Fourcade der »FAZ«. Auch Weltmeister Erik Lesser sieht den Dachverband unter enormem Zugzwang: »Ich denke, die IBU hat mitbekommen, dass die Welt negativ auf sie schaut.« Er forderte als einer der Athletensprecher, »dass die Vergangenheit ordentlich aufgearbeitet wird«.
Am Sonntag vergibt der Kongress noch die Weltmeisterschaften 2021 und 2023. Das thüringische Oberhof, bereits 2004 Gastgeber der Titelkämpfe, rechnet sich nach der Niederlage im Wettstreit um die WM 2020 nun gute Chancen aus. SID/nd
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