Kühnert: Merkel macht sich zum Teil des Problems

Niedersachsens Ministerpräsident Weil: Halten den Verfassungsschutzchef für untragbar / Hofreiter: Auch Seehofer wird zunehmend ein Sicherheitsproblem

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Bremen. Im erbitterten Streit um die Chemnitz-Äußerungen von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat Juso-Chef Kevin Kühnert das Vorgehen von Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisiert. Sie mache »sich auch zum Teil des Problems, denn sie deckt Herrn Maaßen indirekt durch ihr Schweigen«, sagte der Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation dem »Weser-Kurier«. »Sie gibt ihm damit Prokura, sein Amt weiter so auszuführen, wie er das tut. Das kann die Sozialdemokratie nicht weiter stützen.«

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sieht im Streit um den Verfassungsschutzpräsidenten jetzt die Bundeskanzlerin und den Innenminister am Zug. »Die SPD hat eine klare Haltung in der Causa Maaßen: Wir halten ihn für untragbar«, sagte der SPD-Politiker im Interview mit der »Neuen Osnabrücker Zeitung« und der »Nordwest-Zeitung« (Freitagsausgabe). Jetzt liege der Ball im Feld von Merkel und Seehofer.

Regelverstoßgerecht
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Zur Frage, ob der Streit um Maaßen die Große Koalition in Berlin zerstören könnte, meinte Weil: »Das will ich nicht hoffen. Wir brauchen gerade in dieser schwierigen innenpolitischen Lage eine starke, glaubwürdige und handlungsfähige Regierung. Ich finde es unerträglich, dass wir durch die Eskapaden von Herrn Seehofer vor, während und nach der Sommerpause permanent Auseinandersetzungen innerhalb der Regierung erleben, die mit den Problemen der Menschen im Land nichts zu tun haben.«

»Wir haben in der SPD eine klare Haltung: Maaßen ist in seinem Amt nicht mehr tragbar«, sagte auch SPD-Vizechefin Malu Dreyer den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Der Verfassungsschutzchef habe »maximalen Schaden angerichtet, indem er die Glaubwürdigkeit der Medien, der Augenzeugen und der Kanzlerin nicht nur infrage gestellt hat, sondern von gezielter Fehlinformation gesprochen hat«.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter bezeichnete Seehofer als Sicherheitsproblem für die Bundesregierung. »Der Innenminister sorgt nicht für Sicherheit, sondern ist selbst zum Sicherheitsproblem geworden«, sagte Hofreiter der »Rheinischen Post« (Freitagsausgabe). »Gerade einmal zehn Wochen nach der letzten Regierungskrise erleben wir heute die nächste. Im Mittelpunkt steht wieder einmal der CSU-Vorsitzende und Innenminister Horst Seehofer«, sagte Hofreiter.

Ein Krisentreffen, zu dem Merkel am Donnerstag die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles und Seehofer geladen hatte, hatte keine Lösung gebracht. Eine Entscheidung in Bezug auf Maaßen wurde auf kommenden Dienstag vertagt. Damit ist weiterhin offen, ob sich der umstrittene Verfassungsschutzchef im Amt halten kann.

CSU-Generalsekretär Markus Blume rief die SPD am Freitag im ZDF-»Morgenmagazin« auf, keine »Nebenkriegsschauplätze« zu eröffnen. »Was für uns völlig unverständlich ist, ist, dass die SPD mit diesem Thema versucht, eine Koalitionskrise herbeizureden«, sagte er. Es solle »nicht ständig Misstrauen, wie das auch gerade von linker Seite manchmal der Fall ist, gegen Sicherheitsbehörden des Landes, auch gegen den Verfassungsschutz, gesät werden«. Agenturen/nd

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