Von wegen schnödes Geld
Freiberufliche Musiker befinden sich häufig in einer äußerst prekären Lage
Weil die Einkommenssituation von freien Orchestermusikern verbessert werden sollte, lud der Kulturausschuss des Landtags zu einer Anhörung. Und sicher hatte es die Ausschussvorsitzende Marie Luise von Halem (Grüne) nicht unbedingt böse gemeint, als sie die Wortführer der brandenburgischen Künstler darum bat, »nicht schnöde einfach nur mehr Geld« zu fordern. Vielmehr hätte sie gern Anregungen dafür, wie der Landtag auf anderen Wegen das Ansehen der Künstler heben könnte.
Aber das war doch seltsam, denn was bestimmt das Ansehen in dieser Welt so sehr wie das Geld? Und ein Landtagsabgeordneter erhält oft pro Monat mehr als ein Großteil der Künstler im ganzen Jahr verdient. Angesichts der überaus prekären Lage, dass selbst das Durchschnittseinkommen freiberuflicher Musiker nicht einmal das Existenzminimum sichert, geschweige denn Altersarmut verhindert, bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als auf höhere Gagen zu bestehen.
SPD, LINKE, CDU und Grüne haben im Landtag beantragt, zumindest die Lage der freiberuflichen Orchestermusiker zu verbessern. Doch so einfach ist das nicht. Andreas Wenske von der Deutschen Orchestervereinigung teilte mit, dass die notwendig kleinen Orchester im Bundesland bis zu 70 Prozent des Personals hinzumieten, wenn es um das Aufführen größerer Orchesterstücke geht. Die Angeheuerten bekommen dann 210 Euro pro Auftritt, wobei Fahrgeld und Übernachtungskosten schon eingerechnet seien. Freie Musiker könnten auf diese Weise rund 14 500 Euro brutto im Jahr verdienen.
»Davon kann niemand leben«, sagte die Abgeordnete Gerrit Große (LINKE) und sorgte sich zudem auch noch um die Qualität der Darbietungen. Um halbwegs über die Runden zu kommen, wären 592 Euro pro Auftritt angemessen, erklärte Wenske.
Wie die Dinge konkret liegen, erfuhren die Abgeordneten von Alexander Herrmann, Aufsichtsratsvorsitzender beim Preußischen Kammerorchester Prenzlau. Der Klangkörper wird mit 505 000 Euro vom Landkreis Uckermark gefördert und mit 110 000 Euro vom Land. Größere Aufführungen kommen nur zustande, wenn die zwölf Stammstreicher für etwa 60 Prozent des ihnen eigentlich zustehenden Tariflohns spielen. Zusätzlich werden Künstler zum Beispiel aus Polen verpflichtet. Sollten sich die bisherigen Gagen massiv erhöhen, wäre das Orchester am Ende, bedauerte Herrmann. Also wäre es doch besser, »sie lassen uns so weitermachen wie bisher«.
Das würde um den Preis der unausweichlichen Altersarmut hoch qualifizierter Künstler geschehen, sagte Alexander Hollensteiner vom Interessenverband freier Orchester. Eine Umfrage habe ergeben, dass die meisten Musiker mit Renten von gerade einmal 500 Euro zu rechnen haben. Auch er weiß: »Die Honorarmindeststandards werden zu einer Erhöhung der Honorarausgaben führen.« Darauf müsse die Projektförderung reagieren.
Die SPD-Abgeordnete Ulrike Liedtke machte darauf aufmerksam, dass »eigentlich nicht viel erreicht« wäre, wenn allein die freien Orchestermusiker mehr Geld bekämen.
Dabei sieht es in der Populärmusik noch trauriger aus, wie Franziska Pollin erläuterte, die Projektleiterin in dieser Szene ist. Die Kollegen erhalten in den ersten beiden Jahren in der Regel überhaupt keine Gagen und müssen - sofern der Veranstalter mit der Gästezahl nicht zufrieden ist - noch dafür draufzahlen, überhaupt auftreten zu dürfen. Üblich sei in diesen Kreisen, Musiker zu nötigen, sich am Kartenvorverkauf zu beteiligen.
Kulturministerin Martina Münch (SPD) machte keinerlei Zusagen, sprach aber von »berechtigten Sorgen und Ansprüchen«. Sie stellte klar, dass die Gesamtsituation »mit Augenmaß« betrachtet werden müsse und es allenfalls »kleine Schritte« zum Ziel geben könne. Aber man sei unterwegs.
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