Wie geht das zusammen?

Medien und Migration

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 3 Min.

In meiner fränkischen Heimat gibt es einen Bäcker, der Mitte Oktober bei den Landtagswahlen nicht die CSU wählen wird. Er sagt das öffentlich und jedem, der es wissen will. Und er sagt das immer mit dem Hinweis, dass er »sein Lebtag« schon CSU gewählt habe. Diesmal aber nicht! Welcher Partei er seine Stimme geben wird, sagt er nicht. Die AfD aber wird es nicht sein, so viel steht fest, denn zum Nicht-CSU-Wähler wurde der Bäckermeister, weil die bayerischen Behörden einen seiner Lehrlinge, einen jungen Mann aus Syrien, einen der besten, den er die vergangenen Jahre gehabt habe, wie er betont, abschieben will. Und das kurz vor der Gesellenprüfung. In der Region sucht das Handwerk schon lange händeringend nach Arbeitskräften; manche Bäcker- und Fleischermeister, die in Rente gingen, fanden keine Nachfolger und mussten ihre Betriebe schließen. Die Öffnung der Grenzen 2015 für Flüchtlinge sahen sie deshalb positiv. Zuwanderung ist ihnen mehr Chance als Risiko.

Besagter Bäcker aus Franken gehört zu einer Mehrheit. Rund zwei Drittel der Menschen in Deutschland beurteilen das Zusammenleben mit Zuwanderern als positiv. Das besagt der Integrationsmonitor des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration, der am Montag veröffentlicht wurde. 60 Prozent sind sogar dafür, weiter Flüchtlinge aufzunehmen, die meisten wünschen sich jedoch eine zahlenmäßige Begrenzung.

Der Blick auf Twitter und Facebook lässt dagegen etwas anderes vermuten: Hier werden Migration und Flucht fast ausschließlich unter negativen Aspekten betrachtet und angstbesetzt debattiert. Befeuert wird diese Angst nicht nur durch einen politischen Diskurs, in dem die Populisten tonangebend sind, sondern auch von den Medien. Gerade die nach rechts offenen Boulevardmedien wie »Bild« oder »Focus« müssten also angesichts der Ergebnisse der Studie mit sich selbst ins Gericht gehen.

Das gilt auch für die populistischste aller Talkshows im Fernsehen: »Hart aber fair« (ARD). Ganz so, als ob er die Ergebnisse des Integrationsmonitors Lügen strafen wollte, ließ Moderator Frank Plasberg am Montag die Runde unter der Überschrift »Schnelle Abschiebung und Rechtsstaat - wie geht das zusammen?« diskutieren. Sicher, in der Runde kamen auch Rechtsanwälte und Flüchtlingsaktivisten zu Wort, die abgelehnte Asylbewerber vertreten bzw. sich für diese einsetzen. Doch im Subtext wurde eine andere Botschaft vermittelt. Der »Focus« leitete seinen Text zur Sendung entsprechend mit dem Satz ein: »Kaum ein Thema beschäftigt Deutschland derzeit so sehr wie Abschiebungen.«

Wobei, falsch ist diese Behauptung nicht. Den Bäcker in Franken beschäftigt das Thema Abschiebungen schon, aber eben auf eine andere Weise als jene, die von der Führung der Partei, die er jahrzehntelang gewählt hat, gewollt ist.

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