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Tod des Glamourgirls

Vor 20 Jahren starb US-Sprinterin Florence Griffith-Joyner. Bis heute ist ungeklärt, ob ihr Tod im Zusammenhang mit dem intensiven Anabolikadoping der 80er Jahre steht

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Ihr Outfit war schrill: wehende Haare, zentimeterlange Fingernägel, grelle Klamotten. Ihr Schicksal indes ist bis heute bedrückend, auch weil ihre Fabelweltrekorde noch immer gelten: Sprintkönigin Florence Griffith-Joyner war gerade einmal 38, als sie am 21. September 1998 starb. Um 6.30 Uhr fand Al Joyner seine Frau im gemeinsamen Haus im kalifornischen Mission Viejo tot in ihrem Bett. Die Fans waren geschockt, Gerüchte machten die Runde. Starb die Olympiasiegerin an den Spätfolgen von Doping in der Anabolika-Hochzeit der 80er Jahre? Die Obduktion ergab dafür keine Anhaltspunkte. Griffith-Joyner sei im Schlaf durch eine angeborene Anomalie des Gehirns gestorben. Zweifel blieben.

»Die große Sphinx des Frauensports und ihr früher Tod sind Drama pur. In meinem Kopf ist sie für immer der weibliche Michael Jackson«, sagt Ines Geipel, Vorsitzende des Dopingopfer-Hilfe-Vereins. »Aus einfachen Verhältnissen stammend rennt eine farbige Sprinterin wie im Sturm in die schillernde Welt aus Superlativen und Glamour. Das ist in meinen Augen die eigentliche Tragik: Dass man bei jedem ihrer Schritte sehen kann, wie jemand durchs Laufen unbedingt frei sein will - und sich dabei völlig verliert«, meinte Geipel, die in der DDR selbst Sprinterin war und rund sieben Monate später als Griffith-Joyner geboren wurde.

Zehn Jahre vor ihrem Tod hatte »Flo Jo« den Höhepunkt erreicht: Innerhalb von 75 Tagen pulverisierte die US-Sprinterin 1988 die Weltrekorde über 100 und 200 Meter, drei Mal eroberte sie in Seoul Olympiagold, ein Mal Silber. Sie wurde sie zur ersten »Weltleichtathletin« der IAAF gekürt - bei den Männern gewann Landsmann Carl Lewis die Wahl.

Bei den Olympiatrials in Indianapolis erlebten die Zuschauer am 16. Juli 1988 eine Sternstunde der Leichtathletik: Griffith-Joyner raste über die Tartanbahn und nach 100 Metern stoppten die Uhren bei 10,49 Sekunden. Ein unglaublicher Weltrekord. Die Amerikanerin Carmelita Jeter, 20 Jahre jünger, kam 2009 bis auf 15 Hundertstelsekunden an diese überirdische Zeit heran - mit 10,64 ist sie bis heute die Nummer zwei der Welt, Marion Jones (USA) folgt mit 10,65 Sekunden. Am 29. September 1988 legte Griffith-Joyner im olympischen Finale über 200 Meter nach: Gold und wieder Weltrekord, wie im Halbfinale. Über die irren 21,34 Sekunden staunte auch Finalistin Heike Drechsler wohl mehr als über ihre Bronzemedaille.

1989 trat »Flo Jo«, begleitet von Dopinggerüchten, zurück und brachte Tochter Mary Ruth zu Welt. Sie versuchte sich durchaus erfolgreich als Designerin, Kinderbuchautorin und Schauspielerin. »Die Leute beachten dich nicht, wenn du Zweite wirst. Deshalb wollte ich sehen, wie es sich anfühlt, die Nummer eins zu sein«, nannte sie ihre Motivation. Comebackversuche scheiterten.

»20 Jahre nach ihrem bitteren Tod wissen wir deutlich mehr über die Schadenskarrieren unserer großen Idole«, meint Ines Geipel. Die 11,21-Sekunden-Sprinterin ist selbst ein Dopingopfer. »Herztode, Epilepsien, Hirninfarkte, Krebs, kaputte Kinder gehören mittlerweile fast selbstverständlich zur Berichterstattung dieser Art Businesssports«, sagte die 58 Jahre alte Literaturprofessorin. »Zu ›Flo Jos‹ Tod gab es keine einzige harte Frage«, beklagte Geipel die Gleichgültigkeit zum Thema Doping auch unter Journalisten zur damaligen Zeit. »Der Gordische Knoten um die chemisierten Körper bleibt ungelöst.« Agenturen/nd

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