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- Fall Marcel Kuschela
Mit Combat 18-Shirt zum »Trauermarsch«
Nach dem Suizid eines prominenten rechtsradikalen Hooligans versammelt sich in Mönchengladbach die Szene - und frönt dabei Verschwörungstheorien
Als Staatsanwaltschaft und Polizei drei Stunden vor dem Aufmarsch bekannt gaben, dass die Obduktion der Leiche Kuschelas einen Suizid ergeben hat, ließen die Verschwörungstheorien nicht lange auf sich warten. Am Mittwoch um 17 Uhr hatte zuvor ein Passant Kuschela in einer Blutlache gefunden und daraufhin die Polizei informiert, die zunächst auch eine Mordkommission bildete und dann später eben zu einem anderen Schluss kam.
Getreu dem Motto ‚Es kann nicht sein, was nicht sein darf‘ fabulierte die extreme Rechte nach der Nachricht über den Suizid in den sozialen Medien über einen vertuschten Mord durch Migranten oder Linke. Die Argumentation: Wer könne sich schon selbst mit einem Messer mehrere Stichwunden zufügen?
Die Frage ist schnell beantwortet, wie eine Dissertation an der medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster aus dem Jahr 2008 zeigt. 89 Suizide, von 1963 bis 2003, wurden dabei untersucht. »Das vorrangig benutzte Werkzeug war das Küchenmesser«, schreibt Autor Jörg Niemeyer. »In fünfzehn Fällen waren Zeugen direkt zugegen. Die Anzahl der zugefügten Verletzungen variierte von 1 bis 91 Verletzungen pro Fall, 19 Prozent der Opfer hatten zehn oder mehr Verletzungen.« Kein unüblicher Vorgang also.
In der neonazistischen Ideologie ist Suizid ein Widerspruch, den es nicht geben darf. Marcel Kuschela muss zum Märtyrer werden, was auch sein ehemaliger Weggefährte Hannes Ostendorf von der Neonazi-Band »Kategorie C« zeigte. »Gute Reise« grölte er ins Mikrofon, während ihm die Menge lautstark dasselbe antwortete. Wohin? Nach Walhalla natürlich, einen Ort aus der nordischen Mythologie, der ein Ruheort für gefallene Kämpfer sein soll, zu denen nun auch Kuschela gehört - weil es so sein muss.
»Captain Flubbers« Rolle in der Neonaziszene ist dabei durchaus von Bedeutung für die Erzählung der Szene. Dominik Horst Roeseler, der den »Trauermarsch« anmeldete, schrieb kurz nach Kuschelas Tod, dass er mit ihm die »Hooligans gegen Salafisten« und »Gemeinsam Stark Deutschland«, kurz GSD, gegründet habe, zwei Hooligan-Netzwerke. Die letzte Kundgebung von GSD im Oktober 2016 in Dortmund diente als Ort für ein Treffen des militanten Armes des internationalen Neonazi-Netzwerkes Blood and Honour: »Combat 18«. Der Name ist Programm.
Übersetzt steht »Combat 18« für »Kampftruppe Adolf Hitler«. Ein Teilnehmer des »Trauermarsches« trug auch ein T-Shirt der Organisation, die in Deutschland bislang nicht verboten ist. Seit 2000 ist »Blood & Honour« verboten, »Combat 18« jedoch nicht. Vor zwei Jahren lief derselbe Mann auch bei der besagten GSD-Kundgebung auf, mit einem T-Shirt der rechten Hooligangruppe »Borussenfront« aus Dortmund.
Auch der Kranz wurde von einem Neonazi mitgetragen, der mit einem »Combat 18 Italia« Pullover im sächsischen Ostritz bei einem Neonazi-Festival auflief. Viele der Teilnehmer stammten aus dem gewaltbereiten Hooligan-Spektrum, etwa aus Essen, Duisburg und Düsseldorf, wie etwa Teile der Gruppe »Steeler Jungs« , die im Mai dieses Jahres Schlagzeilen machten, als sie mit teilweise 80 Rechten durch den Essener Stadtteil Steele »patrouillierten«. Neben zahlreichen rechten Hooligans aus NRW, reiste auch »Die Rechte«-Vorsitzender Sascha Krolzig aus Hamm an, ebenso einige seiner Dortmunder Kameraden. Auch der zuletzt in Köthen aufgetretene Neonazi David Köckert aus Thüringen war vor Ort.
Zu Ausschreitungen kam es bei und nach der Demo, laut Angaben der Polizei, nicht. Lediglich auf T-Shirts trugen die Neonazis ihre Gesinnung nach außen. Als die Teilnehmer die Kundgebung verließen, taten sie das in Kleingruppen ohne Begleitung. Die Polizei sei mit über 200 Einsatzkräften vor Ort gewesen, so eine Sprecherin gegenüber dem »nd«. Die verfassungsfeindlichen und verbotenen Symbole von Combat 18 sind der Polizei beim Marsch nicht aufgefallen, auch Strafanzeigen lägen bislang keine vor.
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