- Politik
- Gutachten Hambacher Forst
Greenpeace wirft RWE Rechtsbruch vor
Laut Rechtsgutachten der Umweltorganisation ist die Rodung des Hambacher Forsts derzeit nicht zulässig
Es sind schwere Vorwürfe, die Greenpeace gegen den Energieriesen RWE erhebt: »RWE verstößt gegen geltendes Recht, wenn er wie geplant ab Oktober den Hambacher Forst roden lässt«, teilte die Umweltorganisation am Montag mit. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktuelles Rechtsgutachten im Auftrag von Greenpeace. Zwar verfüge RWE über die grundsätzliche Befugnis den Forst zu roden, jedoch nicht in jedem Fall, zu jeder Zeit oder in jedem Umfang, so die Rechtsanwältin Cornelia Ziehm, die das Gutachten verfasst hat. Die Erlaubnis zu roden sei vielmehr an konkrete Auflagen gebunden.
So dürfe der Energiekonzern nur dann Bäume fällen, wenn es für den Betrieb des Tagebaus erforderlich beziehungsweise unerlässlich sei. Beides ist laut Greenpeace nicht gegeben. RWE habe in einer Pressemitteilung vom 11. September eingeräumt, dass eine Notwendigkeit zu roden nicht vor dem 15. Dezember besteht, so Ziehm. Ein Rodung vor diesem Datum sei daher nicht zulässig. Zudem sei fraglich, ob eine Abholzung innerhalb der Rodungsperiode bis Ende Februar 2019 überhaupt erforderlich ist.
Die Umweltschützer*innen bezweifeln, dass RWE wirklich alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, Braunkohle zu fördern, ohne den Hambacher Forst zu gefährden. Eine am Montag veröffentlichte bergbauliche Stellungnahme des Beratungsunternehmens Plejades kommt zu dem Schluss, dass der Hambacher Forst mindestens ein Jahr unangetastet bleiben kann, ohne den Betrieb des Tagebaus einzuschränken. Das Gutachten identifiziert insgesamt drei Maßnahmen, mit denen sich der Betrieb bis Herbst 2019 weiterführen lasse, ohne das Jahrhunderte alte Waldstück zu zerstören.
»RWE heizt im Hambacher Forst einen Konflikt samt teurem Polizeieinsatz an, dabei darf der Konzern nach geltendem Recht gar nicht roden«, sagt Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid. Die Landesregierung dürfe sich nicht zum Handlanger eines Kohlekonzerns machen. Smid wirft RWE zudem vor, die Kohlekommission mit falschen Angaben zu täuschen. In einem Brief vom August habe RWE behauptet, eine Aussetzung der Rodung würde die Fortführung des Tagebaus infrage stellen. »RWE hat die Kohlekommission bewusst belogen«, so Smid. »Wenn RWE die Kettensägen in den Wald schickt, bevor alle betrieblichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, torpediert der Konzern die Arbeit der Kommission.«
Rechtsanwältin Ziehm fordert RWE auf, die Ergebnisse des Gutachtens begründet zu widerlegen. Andernfalls müsse die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Aufsichtsbehörde die Einhaltung der Auflagen durchsetzen und ein Rodungsverbot mindestens bis Mitte Dezember aussprechen.
Unterdessen warnen der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Klima-Allianz Deutschland vor den Folgeschäden des Braunkohleabbaus. Einer neuen Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft zufolge ist das Risiko, dass die Steuerzahler*innen für die entstandenen Schäden aufkommen müssen, zuletzt gestiegen. Grund seien die jüngsten Konzernumstrukturierungen bei RWE, Leag und Mibrag. Die vollständige Beseitigung verursache Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe und werde mehrere hundert Jahre in Anspruch nehmen.
Die Studie empfiehlt, dass von den Betreibern Sicherheitsleistungen eingefordert und in Sonderfonds gesichert werden. Die Bundesregierung müsse zudem die Haftung der Unternehmen sicherstellen. »Die Politik darf nicht zulassen, dass sich Konzerne, die mit Braunkohleverstromung enorme Gewinne erwirtschaftet haben, für ihre Hinterlassenschaften aus der Verantwortung stehlen können«, erklärte der energiepolitische Sprecher von die LINKE, Lorenz Gösta Beutin.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.