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Fraktion ist kein »Vollziehungsgehilfe des Kanzleramtes« mehr
Politologe Falter: Kauder war ein ausgesprochen »willfähriger Vollstrecker der Direktiven und Absprachen« mit Merkel / Niedermayer: Misstrauensvotum gegen die Kanzlerin
Berlin. Der Politologe Jürgen Falter sieht in der Wahl von Ralph Brinkhaus zum neuen Unionsfraktionschef und der Abwahl Volker Kauders den Ausdruck einer tief sitzenden Frustration innerhalb der Fraktion. »Es ist von außen her natürlich schwer zu sagen, wie viel Anteil der Unwille über Kauder und wie hoch der Anteil des Denkzettels, den man Merkel verpassen wollte, an der Entscheidung hat. Beides dürfte zusammengekommen sein, weswegen Kauder nicht mehr gewählt wurde. Ich glaube, die Sehnsucht nach einer anderen Form der Fraktionsführung und nach mehr Eigenständigkeit der Fraktion gegenüber dem Bundeskanzleramt hat hier eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt«, so Falter in der »Heilbronner Stimme«.
Es sei für eine Regierungsfraktion auf Dauer geradezu frustrierend, »immer nur der Vollziehungsgehilfe des Bundeskanzleramtes und einer übermächtigen Parteivorsitzenden zu sein.« Kauder sei in dieser Hinsicht ein ausgesprochen »willfähriger Vollstrecker der Direktiven und Absprachen, die aus dem Kanzleramt, dem Koalitionsausschuss und aus der CDU-Parteizentrale kamen« gewesen, so Falter. Dies hätten viele in der Fraktion ihm übel genommen.
Übersehen werden sollte laut Falter aber nicht, dass »auch ein gerüttelt Maß an Merkel-Denkzettel in der Entscheidung enthalten sein dürfte. Nicht alle Abgeordneten der Unionsfraktion waren mit der Flüchtlingspolitik Merkels einverstanden, und viele zeigten sich hinter vorgehaltener Hand, aber auch immer offener frustriert über die Art, wie die Koalition zusammenarbeitete bzw. sich gegenseitig bekriegte. Frustriert war man auch darüber, dass Angela Merkel die Sachen scheinbar treiben ließ und nicht in der Lage zu sein schien, Probleme geräuschlos im Vorfeld zu beseitigen.«
Auch der Politologe Oskar Niedermayer sieht in der Wahl von Brinkhaus zum neuen Unionsfraktionschef und der Abwahl Kauders ein Misstrauensvotum gegen die Kanzlerin. »Mit dieser Entscheidung sendet die Fraktion die klare Botschaft, dass sie sich in Zukunft eigenständiger profilieren will und dass der bisherige Stil der 'Zusammenarbeit', die Fraktion als bloße Erfüllungsgehilfin anzusehen, von der man ein kritikloses Abnicken der von der Kanzlerin getroffenen Entscheidungen erwartet, der Vergangenheit angehört«, erklärte Niedermayer der »Heilbronner Stimme«.
Konservative in Panik
Wolfgang Hübner über die Abwahl des Unionsfraktionschefs Volker Kauder
Dies habe nun zur Folge, dass die Regierungsgeschäfte noch schwieriger würden, als sie jetzt ohnehin schon sind, so Niedermayer. Die Wahl sei als »ein Misstrauensvotum gegen Angela Merkel und ein weiteres Zeichen der Erosion ihrer Machtbasis« zu verstehen. Agenturen/nd
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