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Stiftungsrat wirft Knabe raus
Nach Vorwürfen zu Sexismus in Gedenkstätte Hohenschönhausen: Führung wird neu geordnet
Der bisherige Leiter der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, muss gehen. Das entschied der Stiftungsrat der Einrichtung am Dienstagnachmittag in einer eigens anberaumten Sondersitzung. Der fünfköpfige Stiftungsrat unter der Leitung von Kultursenator Klaus Lederer (LINKE) beschloss in einer mehrstündigen Sitzung zu den »Vorwürfen zu sexueller Belästigung und strukturellem Sexismus« einstimmig, dass Knabe und sein Stellvertreter Helmuth Frauendorfer ihre Posten räumen müssen. »Dem Direktor der Gedenkstätte, Dr. Hubertus Knabe, wird ordentlich gekündigt. Mit Blick auf die internen Ermittlungen wird Herr Dr. Knabe vorläufig von seinen Dienstpflichten freigestellt«, heißt es in einer Stellungnahme der Kulturverwaltung.
»Nun werden Gespräche in enger Abstimmung mit dem Bund geführt, um einen geeigneten Leiter zu finden, der den notwendigen Kulturwandel in der Gedenkstätte begleiten wird«, sagt Lederer-Sprecher Daniel Bartsch, dem »nd«. Der Stiftungsrat habe kein Vertrauen, dass Knabe der Richtige sei, um diesen dringend notwendigen Kulturwandel einzuleiten, »geschweige denn einen solchen glaubhaft vertreten« zu können. Lederer sprach am Mittwoch mit Mitarbeiter*innen der Gedenkstätte und bedankte sich dabei bei Angestellten und Zeitzeug*innen, die die Arbeit der Einrichtung seit Jahrzehnten begleiten. Nun müsse zunächst das notwendige Tagesgeschäft gesichert werden.
Knabe war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Noch am Montag hatte er mitgeteilt: »Wenn es Kritik gibt, dann gehört diese auf den Tisch.«
In einem Brief, der in der vergangenen Woche bekannt wurde und dem »nd« vorliegt, berichten sechs zum Teil ehemalige Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte über ihre »individuellen Erfahrungen mit den Vorgesetzten in der Gedenkstätte«. Das Schreiben datiert vom 8. Juni dieses Jahres und ging neben Lederer auch an Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sowie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. In dem Brief ist die Rede von verbalen Belästigungen mit sexuellem Charakter, »engen Umarmungen«, »fast intimer körperlicher Nähe« und »Berührungen wie Streichen über die Arme«. Zudem beklagen die Unterzeichnerinnen Berichte über sexuelle Vorlieben, aufdringliche Einladungen mit nur vorgeschobenem beruflichem Charakter, nächtliche SMS und Mobbing in Form »bestrafender« Ignoranz nach konflikthaften Gesprächen.
Der Sender rbb und die »Berliner Zeitung« hatten zuerst über das Thema berichtet. Im Brief ist von »den Vorgesetzten« die Rede, laut rbb werden die Vorwürfe gegenüber dem stellvertretenden Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Helmuth Frauendorfer, erhoben. Ein Anwalt Frauendorfers hatte in einer Stellungnahme ein »Fehlverhalten und Mangel an Sensibilität« eingeräumt, aber erklärt, dies »abgestellt« zu haben.
Die FDP verurteilte den Rauswurf Knabes als »unverschämt«. Der Schritt sei »politisch motiviert« und »die späte Rache« der Linkspartei, sagte der FDP-Abgeordnete Stefan Förster. Knabe sei als scharfer Kritiker der Verharmlosung der SED-Diktatur bekannt gewesen »und vielen der heute wieder regierenden Sozialisten ein Dorn im Auge«, erklärte Förster. Obwohl »nach jetzigem Kenntnisstand gegen ihn selbst keine rechtlich relevanten Vorwürfe« erhoben worden seien, werde Knabe aus dem Amt gehebelt. Das sei »eine Unverschämtheit«, twitterte Förster. Die AfD sprach von einer Vorverurteilung. In einer Pressemitteilung hieß es, die Personalie erinnere an »kommunistische Säuberungen in der DDR«.
»Diese Vorwürfe sind absurd«, kommentierte Bartsch die Stellungnahmen von AfD und FDP. »Wer diese Anschuldigungen, die sich nach intensiver Prüfung als wahr herausgestellt haben, instrumentalisiert, ist nicht auf der Höhe der Zeit, geschweige auf der Höhe dessen, was notwendig ist, wenn wir zu einem gleichberechtigten Leben und Arbeiten kommen wollen.« Es sei zynisch, aus der Entlassung Knabes eine Rache-Geschichte machen zu wollen.
Die Gedenkstätte Hohenschönhausen ging aus dem früheren zentralen Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatssicherheit hervor. Sie soll an politische Willkür und Unrecht erinnern. Die Einrichtung wird von Bund und Land finanziert. Im Stiftungsrat sitzen der Vorsitzende Lederer und je eine Vertreterin von Grütters, der Senatsjustizverwaltung und dem Land Sachsen-Anhalt sowie ein Vertreter des Landes Brandenburg.
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