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Feuerwehr: »Talsohle noch nicht erreicht«
Experten kritisieren im Innenausschuss anhaltenden Mangel an Personal und Ausstattung
»Hinter vorgehaltener Hand wird bei der Freiwilligen Feuerwehr schon darüber gesprochen, Silvester keinen Dienst zu machen«, sagt Sascha Guzy, Chef des Dachverbands der Freiwilligen Feuerwehren. Zum Jahreswechsel 2017/2018 waren Feuerwehrleute »gezielt angegriffen« worden, sagt Guzy. Das wolle niemand noch einmal erleben. Der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses diskutiert den Jahresbericht der Feuerwehr 2017, die Delegierten diskutieren mit Fachleuten über die aktuelle Situation der Feuerwehr. Während Innensenator Andreas Geisel (SPD) und der stellvertretende Feuerwehrchef Karsten Göwecke vor allem die positiven Entwicklungen vorstellen - die es sehr wohl gibt -, kritisieren die Gewerkschaftsvertreter den weiterhin aktuellen Mangel an Personal und zeitgemäßer Ausstattung.
»Wir haben mit weniger Personal deutlich mehr Einsätze«, fasste Guzy das Problem zusammen. Er begrüße die Maßnahmen, die in diesem Jahr ergriffen wurden. Aber das hätte schon vor Jahren geschehen müssen. »Und die Talsohle des Problems haben wir noch lange nicht erreicht.« Zu Geisel sagte er: »Handeln Sie, es geht um die Sicherheit unserer Stadt.«
Im März hatten Feuerwehrleute eine Mahnwache vor dem Roten Rathaus abgehalten, um auf die Missstände aufmerksam zu machen. Unter dem Motto »Berlin brennt« hielten sie schließlich fünf Wochen lang ohne Unterbrechung durch. 2535 Stunden sammelten die Feuerwehrleute damit an - außerhalb ihrer Arbeitszeit.
In der Anhörung zählen die geladenen Gäste noch einmal die Probleme auf: Von den rund 150 Löschfahrzeugen seien etwa 100 vollkommen überaltert und arbeiteten teilweise mit dem Standard des 19. Jahrhunderts. Die Navigationssysteme schickten die Besatzungen regelmäßig »in die Irre«, nämlich in Sackgassen oder auf die falsche Seite von Häusern, so »Berlin brennt«-Vertreter Stefan Ehrlicht. Die Fahrzeuge hätten zudem keine Klimaanlagen und kaputte Heizungen. »Hitzegeschockte Personen fahren in 50 Grad heißen Fahrzeugen«, beschreibt Ehrlicht die Situation im Hitzerekordsommer 2018. Lediglich ein Drittel der Fahrzeuge könne mit Löschschaum löschen, der aber eine wesentlich bessere Leistung erziele als Wasser. Ehrlicht und seine Kollegen kritisieren auch die mangelnde Personaldichte. »Die Situation könnte allein durch die Anhebung der Gehälter verbessert werden.« Berlin bilde viele Kollegen aus, die aus anderen Bundesländern kämen. Die blieben aber nicht in der Hauptstadt, weil sie beispielsweise in Brandenburg oder Thüringen besser verdienten.
Versöhnlich sagte Geisel: »Jammern hilft nicht viel. Nur arbeiten hilft. Wir haben eine Agenda, und die arbeiten wir jetzt ab.« Wenige Wochen nach dem Start von »Berlin brennt« hatte Geisel bereits mehrere Maßnahmen zur Verbesserung der Situation angekündigt. Ein Teil davon wurde bereits umgesetzt. 80 Prozent der hohen Zahl an Überstunden sei mittlerweile ausbezahlt worden, 20 Prozent sollen durch Freizeit ausgeglichen werden. 350 Stellen wurden geschaffen - das heißt: bewilligt, nun muss das Personal noch ausgebildet werden. Im Haushalt 2018/19 sind zudem Gelder für 94 Rettungs- und 14 Löschfahrzeuge vorgesehen.
Schuld an der hohen Zahl der Einsätze ist aus Sicht der Experten auch, dass viele Menschen sich das Warten beim Arzt sparen wollen und deshalb den Rettungsdienst rufen. Geisel hält dagegen, für Kassenpatienten sei es schwierig, in angemessener Zeit einen Termin beim Facharzt zu bekommen. Schneller werde ihnen geholfen, wenn sie den Rettungsdienst rufen. »Ein Grund mehr, die Zweiklassenmedizin abzuschaffen.«
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