Nervosität in Hessen
Resultate der Bayernwahl strahlen bis nach Wiesbaden
Wiesbaden. »Hessen ist nicht Bayern.« So lautet die ausgesprochene oder unausgesprochene Reaktion der meisten politischen Akteure in Hessen auf den Wahlausgang im benachbarten Freistaat. In Hessen wird übernächsten Sonntag, dem 28. Oktober, gewählt. Einzig die Grünen, die seit fünf Jahren geräuschlos mit der Hessen-CDU koalieren, verspüren bayerischen »Rückenwind« und hoffen auch in Hessen auf ein historisches Rekordergebnis und die Eroberung großstädtischer Direktmandate.
Bei Union und SPD hingegen wird trotz oberflächlicher Zuversicht auch in Hessen Nervosität deutlich. Für Regierungschef Volker Bouffier (CDU), der wiederholt das von der CSU-Spitze inszenierte »Sommertheater« kritisierte und als loyaler Unterstützer von Kanzlerin Angela Merkel gilt, verheißen jüngste Umfragewerte knapp unter der psychologisch bedeutsamen 30-Prozent-Schwelle Unheil. Er möchte die amtierende schwarz-grüne Koalition als sein Lebenswerk und Modell für den Bund unbedingt fortsetzen und will auch im Rentenalter dafür weitere fünf Lebensjahre dranhängen. Ob es für diese Konstellation in einem künftigen Sechs-Parteien-Landtag reicht, ist fraglich. Die AfD, die ab dem 28. Oktober in allen 16 deutschen Landtagen vertreten sein könnte, stützt sich in Hessen auf etliche ehemalige rechtskonservative CDU-Funktionäre und -Anhänger und setzt auf diese Klientel.
Für die SPD wäre ein mageres Abschneiden zwischen 20 und 25 Prozent ein verheerendes Signal. Ihr Spitzenmann Thorsten Schäfer-Gümbel gibt sich äußerlich unbeeindruckt von Münchner Signalen. Er hofft darauf, mit der Zauberformel BMW (Bildung, Mobilität, Wohnen) die Nöte der Bevölkerung aufzugreifen, eine Wechselstimmung zu schüren und damit den Bundestrend für seine Partei in Hessen außer Kraft zu setzen.
Trotz »großer Klatsche« für die Große Koalition im Bund sei es auch aufgrund des Zehn-Prozent-Ergebnisses für die bayerische AfD »kein toller Wahlabend gewesen«, so die hessische LINKE-Spitzenkandidatin Janine Wissler. Gestützt auf relativ stabile Acht-Prozent-Prognosen setzt sie darauf, dass ihre Partei gestärkt in den Wiesbadener Landtag zurückkehren wird. oef
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