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Ein großer Schritt für die Persönlichkeit

Katrin Werkmann ist die erste Frau an der Spitze einer deutschen Olympiamannschaft: »Chefin de Mission« bei den Jugendspielen 2018

Frau Werkmann, wie sagt man’s richtig: Chefin de Mission, Chef de Mission, Missionschefin?

International heißt es Chef de Mission - aus dem Französischen. Wir haben uns hier beim DOSB auf den Begriff Chef geeinigt, auch wenn ich die die erste Frau bin, die ein deutsches Olympiateam bei einer Großveranstaltung anführt.

Zur Person
Katrin Werkmann (35) ist »Ressortleiterin für Nachwuchsleistungssport, Landessportbünde, Olympiastützpunkte, Duale Karriere« beim DOSB. Bei den 3. Olympischen Jugendspielen 2018 (6. - 18. Oktober) in Buenos Aires fungierte sie als Chef de Mission der 74-köpfigen Mannschaft aus 15- bis 18-jährigen Athletinnen und Athleten. Bevor sie beim DOSB anfing, war die promovierte Sportwissenschaftlerin Vorstandsvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes. Mit Jirka Grahl sprach sie über die Jugendspiele, die Donnerstag zu Ende gingen.

Deutschland ist seit 1896 bei Olympia dabei: Wieso hat das bis 2018 gedauert, ehe eine Frau auf diesem Posten gelandet ist?

Kann ich Ihnen nicht sagen. Der Leistungssport ist grundsätzlich noch sehr männerlastig, und die entsprechenden Positionen im Deutschen Olympischen Sportbund wurden eben bisher meist mit Männern besetzt.

Wie haben Sie es dahin geschafft?

Ich komme aus dem Leistungssport, ich war Leichtathletin. Danach habe ich BWL und Sport studiert und im Bereich Sportmanagement promoviert. Dann war ich Leiterin des Hochschulsports an der Uni Frankfurt und parallel Vorstandsvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes. Dann bewarb ich mich beim DOSB auf die Stelle für den Nachwuchsleistungssport. Seit fast einem Jahr bin ich jetzt dabei.

Der DOSB ist mit 74 Jugendlichen und 43 Betreuerinnen und Betreuern zu den Olympischen Jugendspielen nach Buenos Aires gereist. Was sind Ihre Aufgaben dort?

Zuerst einmal die Gesamtverantwortung für das Team - die Abstimmung mit Organisationskomitee und IOC. Aber auch die enge Bindung zur Mannschaft, das heißt zu den Trainern und Athleten. Ich versuche, das aufzunehmen, was sie so im Trainingsalltag bewegt, wo es vielleicht noch Verbesserungspotenzial gibt.

Gucken wir mal kurz auf die Uhr, wie spät ist es jetzt bei Ihnen ?

12.45 Uhr.

Was hat die Chefin der Mission heute schon vollbracht?

(Lacht). Heute ist Mittwoch und kein so beispielhafter Tag, wir haben heute nur noch einen Wettkampf mit deutscher Beteiligung, der geht um 17 Uhr los. Am Donnerstag ist Abschlussfeier, am Freitag geht’s zurück. Wir sind jetzt schon ein bisschen in Aufbruchstimmung, da ist viel zu tun: Koordination des Abflugs, die Logistik, alles was Fracht anbetrifft. An einem üblichen Tag hier bin ich morgens meist so gegen 6 Uhr aufgestanden. Mails checken, Mails schreiben, Anrufe nach Deutschland: Ich betreue ja noch andere Bereiche neben dem Nachwuchsleistungssport und den Jugendspielen. Dann musste ich oft noch zum Chef-de-Mission-Meeting, ehe ich zu den Wettkämpfen gefahren bin: Athleten anfeuern, mit den Trainern sprechen, den Sportlern zuhören, um ein besseres Gespür dafür zu bekommen, welche Bedeutung die Youth Olympic Games für sie haben und wie wir sie auf ihrem Weg zu den »großen Spielen« noch besser unterstützen können.

Welche Bedeutung haben denn diese Jugendspiele für die Athleten?

Für sie ist es ein ganz großes Erlebnis. Sie haben sich im Vorfeld riesig darauf gefreut, und hier merkte man von Tag zu Tag, wie sie aufblühten. Die jungen Leute haben hier Blut geleckt: Sie werden alles daran setzen, bei Olympischen Spielen zu starten.

Dirk Schimmelpfennig, beim DOSB für den Leistungssport zuständig, hat aber gesagt, die Starterinnen und Starter sollten diese Spiele besser nicht als das ganz große Highlight begreifen.

Genau, es soll eher ein Lernen sein. Etwas für die Persönlichkeitsentwicklung, ein Schritt im langfristigen Leistungsaufbau. Aber natürlich wollten alle ihre beste Leistung zeigen und einen sehr guten Wettkampf abliefern. Für die meisten war vieles neu: diese Atmosphäre im Athletendorf mit so vielen unterschiedlichen Nationen. Eine Mensa, wo man 24 Stunden lang Essen bekommt. Und die teilweise langen Fahrzeiten - zu manchen Wettkampfstätten musste man bis zu zwei Stunden mit dem Bus fahren. Das sind Besonderheiten, die sie von Welt- und Europameisterschaften nicht kennen.

Was war das schwierigste Problem, das Sie vor Ort zu lösen hatten?

Das schwierigste Problem? Hm, da fällt mir jetzt keins ein. Wir hatten so ein paar Kleinigkeiten, aber nichts Großes. Vielleicht, dass anfangs zu wenig Busse zu den Trainingsstätten eingesetzt wurden. Oder dass es zu Beginn der Spiele mit dem Essen hier nicht so gut geklappt hat. Da war zu wenig Essen da. Die Planer haben nicht mit dem großen Hunger Heranwachsender gerechnet.

15- bis 18-Jährige hauen ganz schön rein. Wie lassen sich die Teenager denn disziplinarisch händeln?

Ich muss im Nachhinein sagen: gut. Alle sind sehr fokussiert auf ihren Wettkampf. Das hatte ich mir im Vorfeld schwieriger vorgestellt.

Was sagen Sie zu den Spielen selbst?

Die waren sehr, sehr gut organisiert. Beste Wettkampfstätten, die Zuschauerränge immer gefüllt, selbst morgens bei Vorkämpfen. Das Organisationskomitee hat hier ein neues Ticketsystem angewandt: Man musste sich nur einmal registrieren, dann hatte man zu allen Wettkampfstätten freien Eintritt. Dadurch waren wirklich alle Tribünen immer gefüllt. Die Leute haben mancherorts anderthalb Stunden angestanden, um zuschauen zu können. Die Argentinier sind ein sehr gutes, faires Publikum. Sie haben alle angefeuert.

Als Mitte der 2000er Jahre die Idee der Jugendspiele entstand, war man in Deutschland wenig begeistert. Zu jung die Athleten, zu früh zu viel Druck. Wie steht denn der DOSB heute zu diesen Spielen?

Wir sehen die Spiele als eine Bereicherung im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung für die Athleten. Bei manchen Wettbewerben sehen wir die Wettkampfformate etwas kritisch.

Welche?

Beispielsweise im Rudern. Da ist die Strecke bei WM und EM 2000 Meter lang, hier sind es nur 500 Meter, was ganz andere Anforderungen an die Athleten stellt.

400 Millionen Dollar sollen die Spiele gekostet haben. Was wird Buenos Aires bleiben?

Der Olympiapark wird zukünftig das neue Leistungszentrum von Argentinien sein. Davon wird das Land mittel- und langfristig profitieren. In vier Jahren sollte das dann auch für Senegal gelten: Dakar ist Gastgeber der Jugendspiele 2022.

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