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Den zweitbesten Kunden verprellt man nicht

Was immer im Koalitionsvertrag versprochen wird - Saudi-Arabien führt weiter Krieg mit deutschen Waffen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

»Nach einem derart unfassbaren Vorgang gehört das Verhältnis zu Saudi-Arabien grundsätzlich auf den Prüfstand«, sagte die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles der »Bild am Sonntag« und forderte spürbare Konsequenzen. Auch bei Rüstungsexporten. Die es - folgt man den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages zwischen Union und SPD - gar nicht geben kann. Denn laut diesem im Februar verabschiedeten Grundlagendokument will die Regierung »ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind«.

Die Allianz, die seit 2015 in Jemen gegen die von Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft, wird vom mächtigen Königreich Saudi-Arabien angeführt. Allein die Tatsache, dass es in dem Land weder politische Parteien noch Wahlen gibt und Menschenrechte generell nichts zählen, würde ein Exportverbot gemäß der noch unter Rot-Grün beschlossenen Grundsätze rechtfertigen.

Das Gegenteil ist der Fall. Das Reich der Scheichs, das nach Vorherrschaft in der islamischen Welt strebt, ist in diesem Jahr nach Algerien der zweitbeste Rüstungskunde deutscher Firmen. Von Januar bis Ende September erteilte die Bundesregierung Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter im Wert von 416,4 Millionen Euro.

Nahles behauptet, ihre Partei habe dafür gesorgt, dass »Rüstungsexporte noch nie so restriktiv gehandhabt werden wie in dieser Regierung«. Sie und andere verantwortliche Politiker verweisen darauf, dass es bei den Lieferungen zumeist um sogenannte Altfälle gehe, die man aus vergangenen Regierungszeiten geerbt hat. Beispiel Patrouillenboote. Sie werden von der Lürssen-Werft im vorpommerschen Wolgast gebaut und geliefert, da »wir die Zusicherung haben, dass sie im Land bleiben«. Damit sei die Aussage des Koalitionsvertrages gedeckt.

Die Aussage ist falsch. Sie dient der Verschleierung. Vertuscht werden soll, dass SPD-Minister im Wirtschafts- und Außenressort maßgeblich beteiligt waren an der Absegnung der Geschäfte. Auch hat man im Hinterkopf, dass ein Baustopp zu wirtschaftlichen Problemen in der Ostsee-Region führen könnte. Bereits bei den Wahlen zum Bundestag sammelte die AfD in Wolgast 31,3 Prozent der Stimmen ein und ist die stärkste politische Kraft in der gesamten Region.

Doch es geht nicht nur um Schiffe. Erst im September wurde eine Lieferung von konkurrenzlos zielgenauen »Cobra«-Artillerieortungsradaren an Saudi-Arabien bekannt. Deutsche Firmen dürfen auch Gefechts- und Zielsuchköpfe sowie 385 tragbare Panzerabwehrwaffen liefern.

Doch selbst wenn sich die schwarz-rote Regierung an ihren Koalitionsvertrag halten würde, hätte der nur begrenze Wirkung. Beispiel: das Kampfflugzeug Eurofighter Typhoon. Davon fliegen bereits 72 Maschinen in Saudi-Arabien. Just zu der Zeit, als sich die aktuelle deutsche Regierung gefunden hatte, wurden von Mohammed bin Salman, der als Verteidigungsminister für den Krieg in Jemen maßgeblich verantwortlich ist, 48 weitere geordert. In Großbritannien. Doch der Eurofighter ist ein von Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien gemeinsam entwickeltes und gebautes Flugzeug. Die deutsche Airbus Defence and Space GmbH hält 33 Prozent an der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH.

Nationale Beschränkungen auf EU-Ebene auszuhebeln ist auch eine Spielart, die der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall beherrscht. Das Unternehmen produziert auf Sardinien Munition, die von dort an Saudi-Arabien geliefert und in Jemen eingesetzt wird. Rom fühlt sich nicht zuständig, weil es sich um eine deutsche Firma handelt, Berlin mag Italien nicht in dessen Entscheidungen reinreden. So erzeugt man profitable Schlupflöcher für Tod und Verderben. Eine weitere Methode, deutsche Exportbeschränkungen zu umgehen, ist die Vergabe von Lizenzen. Seit 2011 wird das von Heckler & Koch entwickelte Sturmgewehr G 36 auch von der staatseigenen saudi-arabischen Rüstungsfirma MIC produziert.

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