LINKE steht für Politikwechsel bereit

Für Janine Wissler sind die Grünen größter Unsicherheitsfaktor einer Mitte-links-Wende in Hessen

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 4 Min.

Die LINKE hat dreimal in Folge nur knapp den Einzug in den Hessischen Landtag geschafft und wurde jahrelang von der CDU argwöhnisch beäugt. Diesmal verheißen stabile Umfragewerte einen deutlichen Zuwachs an Sitzen und Mandaten. Was hat sich geändert?

Die LINKE hat in den letzten zehn Jahren sowohl auf parlamentarischer wie auch auf außerparlamentarischer Ebene viel angestoßen. Das wird offensichtlich von vielen Menschen auch wahrgenommen und honoriert. Wir sind verankert in Gewerkschaften, engagieren uns in sozialen Bewegungen und haben in Hessen stets darauf geachtet, dass wir betriebliche Kämpfe, Streiks und beispielsweise Aktionen gegen den Flughafenausbau in unsere parlamentarische Arbeit einfließen lassen.

Zur Person
Janine Wissler kam über die WASG zur Linkspartei, als die Wahlalternative mit der PDS fusionierte. Die Politologin ist seit 2008 Abgeordnete des Hessischen Landtags und dort Fraktionsvorsitzende der LINKEN. Die Spitzenkandidatin ihrer Partei zur Landtagswahl am Sonntag ist zudem stellvertretende Vorsitzende der Bundespartei.

In den vergangenen Monaten fanden auch in Hessen zahlreiche Demonstrationen gegen AfD und rechte Gewalt, gegen Mietenwahnsinn und für Solidarität mit Geflüchteten statt. Dies scheint nach aktuellen Umfragen allerdings vor allem die Grünen zu stärken, die sich nach Bayern nun auch in Hessen im Aufwind sehen.

Die LINKE hat sich in Hessen immer an Aktionen gegen Rassismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und Neonazis beteiligt. Wir engagieren uns bei »Aufstehen gegen Rassismus« und werden auch zukünftig eine laute Stimme gegen Hass und rechte Hetze sein. Auch die Beteiligung bei den Seebrücken-Demos und bei Protesten gegen Abschiebungen sind da zu nennen. Die Grünen profitieren gerade massiv vom Bundestrend und der Schwäche von Union und SPD in der Großen Koalition. In Hessen regieren sie aber mit der CDU und setzen zum Beispiel Abschiebungen nach Afghanistan durch. Bei Demonstrationen dagegen ist von den Grünen seit Jahren nichts mehr zu sehen.

Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier möchte gerne sein Bündnis mit den Grünen weiterführen und als Referenzprojekt für den Bund anpreisen. Welches Abschlusszeugnis würden sie der amtieren schwarz-grünen Koalition ausstellen?

Die Kinderarmut hat zugenommen, die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, der Mangel an bezahlbarem Wohnraum hat sich verschärft, die Verkehrswende ist ausgeblieben und in den Schulen fehlen Lehrer. Das ist leider kein gutes Zeugnis. Auf den entscheidenden Politikfeldern hat die CDU die Marschrichtung vorgegeben. Allerdings haben die Grünen es verstanden, beispielsweise die Einführung des Schülertickets oder andere kleine Erfolge sehr gut öffentlichkeitswirksam zu verkaufen.

Nun deuten aktuelle Umfragen erneut auf die Möglichkeit einer knappen rechnerischen Mehrheit für SPD, Grüne und die Linkspartei hin. Wechselstimmung und zarte Hoffnungen auf Rot-Rot-Grün machen sich damit erneut breit, die CDU wird nervös. Sind Sie bereit zum Eintritt in eine Regierung und welche roten Haltelinien und Knackpunkte bestehen aus Ihrer Sicht bei möglichen Koalitionsverhandlungen?

An uns ist 2008 ein Politikwechsel nicht gescheitert, den haben bekanntlich vier SPD-Abgeordnete verhindert. Und auch 2013, als es eine Mehrheit für SPD, Grüne und LINKE gab, haben wir sondiert und versucht, mit SPD und Grünen einen gemeinsamen Nenner zu finden. Die Grünen haben nach den Gesprächen beschlossen, dass die Differenzen, die sie mit der Hessen-CDU haben, leichter überbrückbar sind als die zur LINKEN. Die Grünen haben hier eine Richtungsentscheidung getroffen und große Teile ihres Wahlprogramms in die Tonne getreten. Das werden wir sicher nicht tun. Die Frage ist jetzt, ob die Grünen erneut Mehrheitsbeschaffer für die CDU spielen oder lieber eine fortschrittliche Politik machen wollen. Wir finden, dass man die hessische CDU nach fast zwanzig Jahren an der Regierung auch mal abwählen könnte.

Sie haben am Sonntag mit Bürgerinitiativen gegen den weiteren Flughafenausbau in Frankfurt und für weniger Luftverkehr demonstriert. Wären Sie für einen Eintritt in die Regierung zu Zugeständnissen in dieser Frage bereit?

Es muss leiser werden, denn die Grenzen der Belastbarkeit sind für die Menschen in den Anrainergemeinden längst überschritten. Es darf keinen weiteren Flughafenausbau geben. In der dicht besiedelten Rhein-Main-Region steht mehr Lärmschutz, Erhalt von Wald und Erholungsgebieten auf der Tagesordnung - nicht die Vernichtung von weiteren Wäldern und eine weitere Zunahme von Flugbewegungen.

Mit einem Einzug in den Wiesbadener Landtag wäre die AfD in allen 16 Landesparlamenten vertreten. Welche Erfahrungen haben Sie im Wahlkampf bei Podiumsdiskussionen mit Vertretern der hessischen AfD gemacht?

Biedermänner und Brandstifter. In Hessen geben sich einige gern bürgerlich. Aber auch in Hessen verbreitet die AfD vor allem rassistische Hetze. Zuletzt hat ein AfD-Anhänger im Wahlkampf eine Schusswaffe gezogen und einen politischen Gegner damit bedroht. Das zeigt einmal mehr die Gefahr, die von dieser Partei ausgeht.

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