Bomben gegen Trumps Kritiker

Explosive Post an Demokraten im US-Wahlkampf zeugt von gesellschaftlicher Spaltung

  • Moritz Wichmann, New York City
  • Lesedauer: 3 Min.

Als am Mittwochnachmittag eine Warn-SMS kam, blickten die meisten New Yorker nur kurz auf ihr Handy und hetzten dann weiter: »Polizei-Aktivität zwischen Columbus Circle und 8th Avenue, Anwohner: Bringen sie sich sofort in Sicherheit«. Am Abend war klar: Was viele zuerst nur für eine weitere Überreaktion der terrorgeprüften New Yorker Polizei hielten, ist Teil einer größeren Serie von mutmaßlichen Briefbombenangriffen auf prominente Demokraten.

Mindestens neun verdächtige Pakete tauchten im Laufe des Tages auf, sie wurden an die Adressen von Hillary und Bill Clinton, zu einem Anwesen des Milliardärs George Soros und auch an den Wohnsitz von Barack Obama geschickt. Ein weiteres Ziel der Pakete: das Time Warner Gebäude am Columbus Circle in New York City. Der dort ansässige Fernsehsender CNN wurde während der Live-Berichterstattung über die Pakete evakuiert, die Reporter berichten weiter von den Straßen vor ihrem Gebäude am Südende des Central Park. Offenbar war das Paket jedoch an Ex-CIA-Direktor Joe Brennan adressiert, der bei den ebenfalls im Gebäude untergebrachten Fernsehsendern NBC und MSNBC auftritt.

Dann wurden weitere Ziele bekannt: Auch Ex-Vize-Präsident Joe Biden sollte demnach eins der Pakete erhalten. Zwei Pakete an die demokratische Kongressabgeordnete Maxine Waters aus Kalifornien wurden bereits in Maryland abgefangen, ein weiteres an Ex-Generalstaatsanwalt Eric Holder aus Florida war falsch adressiert und wurde an die Vorsitzende des Nationalkomitees der Demokraten Debbie Wasserman-Schultz aus Florida zurückgeschickt, die auf allen Paketen als Absenderin angegeben ist. Es könne sein das weitere Pakete auftauchen würden, warnte das FBI, und am Donnerstagmorgen wurde bekannt, dass zwei weitere Pakete abgefangen wurden. Eines war an den Schauspieler Robert de Niro geschickt worden, der sich wiederholt als Kritiker von Trump positioniert hatte. Die Pakete werden nun in einem FBI-Labor untersucht. Nach ersten Angaben der Bundesbehörde handele es sich um »einfache aber funktionstüchtige« Rohrbomben.

»Es handelt sich eindeutig um Terror«, erklärte Bill de Blasio, Bürgermeister von New York City am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Andrew Cuomo, dem Gouverneur von New York. Man werde das »volle Gewicht« der amerikanischen Sicherheitsbehörden in die Untersuchung der Pakete stecken, die Verantwortlichen zur Rechnung ziehen, erklärte Trump. »Wir müssen eine klare Message senden, dass Drohungen politischer Gewalt keinen Platz haben in den USA«, so Trump.

Die Message von Trump sei in der Vergangenheit aber genau das Gegenteil gewesen, erklären Kritiker. Sowohl im Wahlkampf als auch als Präsident hatte er die nun betroffenen Politiker aggressiv angegriffen. Die Adressaten der Briefbomben eint eines: Sie wurden immer wieder in den Reden von Trump persönlich attackiert. Noch am Mittwochabend rief die Menge bei der Kundgebung einer Republikanerin in Wisconsin den an Hillary Clinton gerichteten Schlachtruf der Trump-Republikaner: »Lock her up« (Sperrt sie ein).

Den Fernsehsender CNN immer wieder als »Fake News« beschimpft und auf Twitter auch ein Wrestlingvideo retweetet, in dem er einen Mann zu Boden wirft und schlägt, auf dessen Kopf das Logo des liberalen Fernsehsenders montiert war. Maxine Waters und Eric Holder waren jüngst in einem Wahlkampfvideo des National Republican Committee als Aufwiegler des »linken Mobs« dargestellt worden, auch Ex-CIA-Direktor Brennen ist zum prominenten Trump-Kritiker geworden und war von diesem als »Abschaum« bezeichnet worden.

Sehen Sie auch: Worte haben Konsequenzen - Moritz Wichmann zur Briefbomben-Serie in den USA

US-Präsident Donald Trump hingegen ging am Donnerstag bereits wieder zu seiner Routine rechter Medienkritik über: »Der Grund für den Großteil der Wut in unserer Gesellschaft ist vorsätzlich falsche Berichterstattung der Mainstream Medien, die ich Fake News nenne.«

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -