Ausgezeichnetes Spitzenduo

Die LINKE will mit Kathrin Dannenberg und Sebastian Walter in den Landtagswahlkampf ziehen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Die brandenburgische LINKE möchte mit einem Spitzenkandidatenduo antreten. Auf Platz eins der Landesliste für die Landtagswahl am 1. September 2019 soll Vizefraktionschefin Kathrin Dannenberg stehen und auf Platz zwei der ehemalige stellvertretende Landesvorsitzende Sebastian Walter. Nach nd-Informationen wird der Landesvorstand am Freitagabend über diesen Vorschlag der Landesvorsitzenden Anja Mayer befinden. Stimmt der Vorstand zu, sollen die beiden Kandidaten am Sonnabend in Potsdam präsentiert werden. Die endgültige Entscheidung fällt, wenn Anfang kommenden Jahres die Liste aufgestellt wird.

2010 wurde die inzwischen 52-jährige Pädagogin Kathrin Dannenberg, die Sport, Geschichte und das Fach Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde (LER) unterrichtete, mit dem Deutschen Lehrerpreis ausgezeichnet. 2009 erhielt der damals erst 19-jährige Sebastian Walter mit seinem Aktionsbündnis »Für ein tolerantes Eberswalde« das Band für Mut und Verständigung. Es ist also im wörtlichen Sinne ein ausgezeichnetes Spitzenduo, mit dem die LINKE bei der Landtagswahl 2019 antreten will.

Wahlergebnisse der Sozialisten
  • Bei den Landtagswahlen 1990, 1994 und 1999 verbesserte sich die brandenburgische PDS von 13,4 Prozent über 18,7 Prozent auf 23,3 Prozent.
  • Bei der Wahl 2004 erreichten die Sozialisten mit Spitzenkandidatin Dagmar Enkelmann 28 Prozent – ihr Rekordergebnis.
  • 2009 – mit Kerstin Kaiser als Spitzenkandidatin – waren es immerhin noch 27,2 Prozent.
  • Nach fünf Jahren rot-rote Koalition in Brandenburg stürzte die LINKE bei der Wahl 2014 auf 18,6 Prozent ab. Spitzenkandidat war Christian Görke. In den Umfragen liegt die LINKE seither zwischen 17 und 18 Prozent. af

Ursprünglich war beabsichtigt, Sozialministerin Diana Golze zur Spitzenkandidatin zu küren. Doch die Lunapharm GmbH hatte in Griechenland gestohlene und möglicherweise unwirksame Krebsmedikamente an deutsche Apotheken geliefert, und das Landesgesundheitsamt war mit Hinweisen auf die kriminellen Machenschaften zunächst nicht angemessen umgegangen. Ministerin Golze musste Ende August die politische Verantwortung übernehmen und zurücktreten. Im Grunde war bereits zu diesem Zeitpunkt sonnenklar, dass die LINKE nun eine andere Spitzenkandidatin benötigt. Zur unumstößlichen Gewissheit wurde das, als Golze dem »nd« Ende September bestätigte, sie werde weder sich selbst noch ihrer Partei zumuten, als Spitzenkandidatin anzutreten, weil sie dann immer nur auf den Pharmaskandal angesprochen werden würde.

Wer sonst sollte Spitzenkandidatin werden? Ende September wurden hinter vorgehaltener Hand immer wieder zwei Namen genannt: die Namen der Landesvorsitzenden Anja Mayer und der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Kathrin Dannenberg. Wenn es Mayer geworden wäre, so wäre das eine faustdicke Überraschung gewesen. Schließlich hatte sie im März 2018, bevor sie von der Position der Landesgeschäftsführerin zur Landesvorsitzenden aufrückte, klar gesagt, sie wolle 2019 nicht in den Landtag. Auf die Frage, ob sie für das Parlament kandidieren werde, hatte sie im nd-Interview gesagt: »Nein, das werde ich nicht tun, weil ich mich als Landesvorsitzende in erster Linie auf den Landesverband konzentrieren möchte.« Da ging die Partei aber auch noch davon aus, dass Diana Golze Spitzenkandidatin wird. Durch Golzes Rücktritt entstand eine neue Situation. Mayer wurde von verschiedener Seite gebeten, in die Bresche zu springen. Sie überlegte einige Wochen und fand, es spreche durchaus etwas für diese Idee. Sie beschloss dann aber, nicht anders zu handeln als im März von ihr selbst versprochen.

Die andere Variante - Kathrin Dannenberg - ist nicht überraschend. Eine solche Lösung liegt nahe. Dannenberg zog 2014 in den Landtag ein und war schon bald darauf von der damaligen Linksfraktionschefin Margitta Mächtig als ihre mögliche Nachfolgerin bezeichnet worden. So schnell ging es dann allerdings nicht die Karriereleiter hinauf. Nachfolger von Mächtig an der Fraktionsspitze wurde Ex-Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, jedoch avancierte Kathrin Dannenberg immerhin zu seiner Stellvertreterin.

Wie üblich musste sich die Pädagogin Dannenberg erst einmal in die Parlamentstätigkeit einarbeiten und dabei in große Fußstapfen treten. Immerhin hatte sich die zeitweilige Landtagsvizepräsidentin Gerrit Große lange und intensiv um die Bildungspolitik der Linksfraktion gekümmert, bevor sie Dannenberg die Schulpolitik überantwortete und sich selbst für ihre letzte Jahre im Landtag auf die Kitas konzentrierte.

Eine Einarbeitungsphase von mehreren Jahren ist im Abgeordnetenleben normal. Dannenberg schaffte es schneller, sich als Politikerin zu etablieren. Dabei spielte sie sich nicht in den Vordergrund, sondern arbeitete sachorientiert an Problemlösungen. Zu beobachten war dies bei Dannenberg beispielhaft, als sie sich um die Verbesserung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen in einer provisorischen Asylunterkunft bei Spreewaldbauer Ricken in Vetschau kümmerte. Der Fall hatte das Potenzial für Schlagzeilen. Doch darauf kam es Dannenberg nicht an. Sie setzte sich mit dem ehrlich engagierten, wirklich hilfsbereiten Landwirt zusammen, damit der Streit um Mahlzeiten, Toilettenreinigung und um die zum Asylheim umfunktionierten Saisonarbeiterunterkünfte nicht eskaliert und stattdessen alles Machbare geschieht, was den Menschen hilft.

Nachdem die LINKE bei der Landtagswahl 2014 von 27,2 auf 18,6 Prozent abgestürzt war, meinten etliche Genossen, der gescheiterte Spitzenkandidat Christian Görke sollte 2016 den Posten des Landesvorsitzenden an seinen jungen Stellvertreter Sebastian Walter abgeben. Doch aus dem Stabwechsel wurde nichts. Görke machte noch zwei Jahre weiter, bis er an eine Doppelspitze aus Diana Golze und Anja Mayer abgab. Walter hatte sich mittlerweile zum DGB-Regionsgeschäftsführer für Ostbrandenburg wählen lassen. Die neue Funktion machte ihm sichtlich Freude. In der Partei wurde intern Bedauern laut, ein großes Talent an die Gewerkschaft verloren zu haben. Jetzt meldet sich Walter jedoch überraschend zurück. Er hat ein Lehrerstudium absolviert. Seine Fächerkombination Geschichte und LER deckt sich mit der von Kathrin Dannenberg.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.