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Der harte Kampf mit der Bürokratie
Der DOSB fordert seit Jahren mehr Geld von der Politik. Jetzt rufen es die Verbände nicht ab. So könnten die Wünsche für 2019 unerfüllt bleiben
Der deutsche Sport und seine wichtigste Reform stecken in der Bürokratie fest. Die Spitzenverbände des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), aber auch das Innenministerium stoßen durch den immensen Verwaltungsaufwand, der vor der Geldvergabe zu erledigen ist, derzeit an ihre Grenzen. Millionen Euro an Steuergeld, die vor allem den Athleten zugute kommen sollen, liegen nutzlos herum oder wurden noch nicht einmal beantragt.
Dass der Amtsschimmel gerade Teile der ohnehin schleppend anlaufenden Spitzensportreform zu zertrampeln droht, geht aus einem Schreiben von DOSB-Präsident Alfons Hörmann und der Vorstandsvorsitzenden Veronika Rücker an die Vertreter der Mitgliedsverbände hervor: »Ein großes Problem haben wir gemeinsam beim Mittelabfluss festgestellt«, schrieben Hörmann und Rücker in ihrem Bericht über ein Treffen mit Innen- und Sportminister Horst Seehofer (CSU) am vergangenen Donnerstag.
Das BMI habe dabei aufgezeigt, »dass für 32 Prozent der Mittel noch keine Anträge der Verbände vorliegen! Hier drohen Mittel zu verfallen«, heißt es weiter. Und das würde wiederum die Position des DOSB im Kampf um höhere Forderungen an die Haushälter des Bundestags im kommenden Jahr nachhaltig schwächen. Das BMI hatte dem DOSB im Juni nach langen Diskussionen nachträglich 23,2 Millionen Euro für 2018 spendiert, dem Brief zufolge liegen für 7,42 Millionen Euro keine Anträge vor.
Hintergrund sind vor allem Probleme in den Verbänden mit dem komplexen Antragsverfahren. »Wir wälzen uns da durch«, sagte Reinhard Nimz, Geschäftsführer des Deutschen Judo-Bundes (DJB). Der Weg der Verbände zu den Geldtöpfen ist in der Tat beschwerlich und lang. Das Bundesverwaltungsamt schickt Anträge an die Verbände, die diese ausfüllen und an den DOSB zur Prüfung weiterleiten. Von da aus geht es zum BMI und wieder zum Bundesverwaltungsamt nach Köln. Dort wird der Bewilligungsbescheid erstellt und an die Bundeskasse in Trier weitergeleitet. Erst wenn diese den Bescheid bewilligt, fließt Steuergeld.
»Nicht grundlos habe ich in Gesprächen mit dem DOSB mehrfach die Frage gestellt, ob die geforderten zusätzlichen Mittel tatsächlich auch noch 2018 verausgabt werden können. Wenn ich jetzt höre, dass für 32 Prozent der bewilligten Mittel bislang noch nicht einmal Anträge vorliegen, bestätigen sich die Befürchtungen«, sagte die Sportausschussvorsitzende Dagmar Freitag (SPD).
Das Fehlen von Anträgen habe laut Freitag »wenig bis nichts« mit der in diesem Jahr »zugegebenermaßen erst späten Bewilligung der Gelder« zu tun. »Diese Pläne müssten ja bei den Verbänden seit Monaten abrufbereit in den Schubladen liegen, da sie die Basis für die Forderungen gegenüber dem Bund waren«, sagte Freitag.
Entsprechend dringlich fiel die Mahnung der DOSB-Chefs an die Verbände aus. »Wir möchten noch einmal alle Verbände bitten, angekündigte Anträge für bereits in Aussicht gestellte Mittel umgehend zu stellen«, hieß es.
Allerdings hat auch das BMI seine liebe Not mit dem Verfahren, da Personal fehlt. Von den 23,2 Millionen Euro sind laut Hörmann und Rücker erst 6,03 Millionen ausgezahlt worden. 9,75 Millionen stecken demnach beim BMI in der Warteschleife. »Ich bin da sehr selbstkritisch«, sagte BMI-Staatssekretär Markus Kerber in einem Interview mit dem Fachportal sportspitze.de: »Wir hätten mehr Personal einstellen müssen, aber der genaue Verwaltungsaufwand zeigt sich eben erst in der Umsetzung einer Reform.« Der Sport müsse die Mittel allerdings auch abrufen, sagte Kerber, »was nicht immer gelingt«.
Für 2019 fordert der DOSB zusätzlich zu den etwa 200 Millionen Euro 60 weitere Millionen an Fördergeld vom BMI. Eine Entscheidung darüber fällt der Haushaltsausschuss des Bundestages in der Bereinigungssitzung in der Nacht auf Freitag. Dagmar Freitag sagt, sie könne nicht ausschließen, dass die jüngsten Erkenntnisse Einfluss auf die endgültigen Endscheidungen über die Mittel für 2019 haben werden: »Fragezeichen sind jedenfalls da.« SID/nd
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