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Pyrotechnik ist (noch) kein Verbrechen
Hessens Innenminister Beuth fordert einen restriktiveren Umgang mit Feuerwerkskörpern / Anwalt hält Vorstoß für »reinen Populismus«
Vor zwei Wochen brannte es im Block der Anhänger von Hertha BSC in Dortmund. Die Berliner feierten den Geburtstag einer Ultragruppe. Die Polizei fand das gefährlich. Ein Polizeieinsatz und Schlägereien zwischen Berliner Anhänger und der Polizei folgte. Seitdem ist die Debatte über Pyrotechnik mal wieder auf der Tagesordnung. Eine Diskussion, die auch die politische Linke aufhorchen lassen sollte, denn Pyrotechnik gehört zum Alltag von linken Protestbewegungen.
In die Diskussion hat sich Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) nun eingemischt. Bei der Sportministerkonferenz in St. Wendel forderte er: »Wer im Stadion zündelt, geht in den Knast.« Zu diesem Zweck soll das Sprengstoffgesetz geändert werden. Hessen plant eine Initiative bei der nächsten Innenministerkonferenz. Wer künftig »explosionsgefährliche Stoffe in oder gegen Menschenmengen« einsetzt, soll zu einer Mindeststrafe von einem Jahr Haft verurteilt werden. Beuth ist der Meinung, die Vereine hätten das Problem nicht in den Griff bekommen und Bengalos könnten zu lebensgefährlichen Wurfgeschossen werden.
Der Schalke-Fan und Anwalt Thomas Wings hält den Vorstoß von Beuth für »reinen Populismus«. Die Stadien in Deutschland seien sehr sicher. Das belegen auch die Zahlen der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze bei der Polizei, die für die vergangene Saison gerade einmal 53 Verletzte durch Böller und Bengalos in den ersten drei Liegen zählte. Eine Verschärfung des Sprengstoffgesetzes ist laut Wings, der oft Schalke-Fans vertritt, die in Konflikte mit der Polizei geraten, nicht nötig. »Wenn durch den Einsatz von Pyrotechnik jemand zu Schaden käme oder gar brennende Fackeln als Waffen missbraucht würden, dann reichen bestehende Gesetze längst aus und er oder sie müsste sich wegen (gefährlicher) Körperverletzung verantworten«, erklärt der Anwalt. Die Forderung nach einem neuen Gesetz sei daher überflüssig und ein »hilfloser Versuch«, Fernsehbilder populistisch für eigene Zwecke auszunutzen.
Der Vorstoß in Sachen Pyrotechnik ist nicht der einzige Plan von Innenminister Beuth. Die Verwaltungskostenordnung will er ebenfalls ändern und es damit möglich machen, »Problemfans« Polizeieinsätze in Rechnung zu stellen. »Ich bin nicht bereit zu akzeptieren, dass die Polizei diese Problembusse mit großem Aufwand begleitet, damit es auf unseren Autobahnen nicht zu chaotischen Jagdszenen oder auf Rastanlagen zu Massenschlägereien kommt und am Ende der Steuerzahler dafür bezahlt«, so Beuth gegenüber der »hessenschau«.
Der restriktivere Umgang mit Pyrotechnik könnte bald Anlass für Polizeimaßnahmen auch gegen Linke werden. Womöglich könnte die Politik alsbald versuchen, linken Gruppen polizeiliche Begleitung beispielsweise bei der Anreise zu Demonstrationen in Rechnung zu stellen. Das wäre wenig überraschend. Immer wieder wurden in der Vergangenheit Restriktionen mit Vorfällen rund um den Fußball begründet und dann auch bei in einem anderen Zusammenhang angewandt. Das prominenteste Beispiel dafür dürften Ausreiseverbote, Meldeauflagen und Gefährderansprachen sein, die eingeführt wurden, nachdem deutsche Hooligans bei der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich schwere Krawalle verursacht und dabei einen Polizisten fast getötet hatten. Seit den Gipfelprotesten der EU und der G8-Staaten 2001 in Göteborg und Genua gehören solche Maßnahmen zu den Standards gegen Linke bei großen Protestveranstaltungen.
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