- Politik
- Fall Amad Ahmad
Grüne wollen Untersuchungsausschuss beantragen
Zustimmung aus der SPD-Fraktion für Einsetzung notwendig
Die NRW-Landtagsfraktion der Grünen gab am Freitagnachmittag bekannt, dass sie einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Landtag NRW für den Fall des in der JVA Kleve verbrannten Amad Ahmad beantragen werden. Der syrische Kurde wurde von der Polizei Geldern zu Unrecht inhaftiert, nach dem er angeblich mit einem Mann verwechselt worden war, der in Hamburg mit zwei Haftbefehlen gesucht wurde. Die Polizisten hatten zahlreiche Identifikationsmerkmale wie etwa die Hautfarbe und Herkunft nicht vorschriftsgemäß überprüft.
Einen Untersuchungsausschuss beantragen die Grünen wegen der offenen Fragen bei den vorliegenden Berichten des Justizministeriums. »Am Ende dieser Woche, sechs Wochen nach seinem Tod, nach zahlreichen Ausschusssitzungen, Plenardebatten, Berichten und Nachberichten müssen wir feststellen, dass unser Anspruch auf Aufklärung nicht erfüllt worden ist«, erklärte der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Stefan Engstfeld. Weiter heißt es: »Wir sind es seiner Familie, der Öffentlichkeit aber auch uns als politischen Verantwortungsträgern schuldig, dass dieser Justiz- und Polizeiskandal, dieses offensichtliche Systemversagen, restlos aufgeklärt wird.«
Einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss können die Grünen nicht ohne die Zustimmung der SPD-Fraktion einsetzen. Die Grünen stellen im Landtag nur 14 der 199 Abgeordneten. Um einen Untersuchungsausschuss zu beantragen, sind aber ein Fünftel der Stimmen notwendig. Die SPD verfügt über 69 Sitze und könnte einen Untersuchungsausschuss auch alleine beantragen. Die SPD-Fraktion soll dem Justizminister angeboten haben, dass er einen Sonderermittler einsetzen könne, um den Fall aufzuklären. Das sei das »letzte Angebot« gewesen, um einen Untersuchungsausschuss noch abzuwenden, so Pressesprecher Andreas Hahn gegenüber »nd«. Kommenden Dienstag will die SPD-Fraktion darüber entscheiden, ob sie für den Antrag der Grünen-Fraktion unterstützen wird.
Der verantwortliche Justizminister Peter Biesenbach (CDU) hatte am Mittwoch im Rechtsausschuss des Landtages noch einen weiteren 60-seitigen Bericht präsentiert. Es bleiben viele Ungereimtheiten. Unklar ist, ob Ahmad einen Dolmetscher bei der Polizei und der Justiz zur Verfügung gestellt bekommen hat. Der Kurde soll nicht ausreichend deutsch gesprochen haben und konnte beispielsweise nach Schilderungen seiner Freunde in Geldern ohne Hilfe kein eigenes Konto beantragen. Auch ob es sich überhaupt um eine Verwechslung gehandelt hat oder möglicherweise rassistische Motive hinter der Inhaftierung Ahmads stecken, ist nicht geklärt.
Nach einem unabhängigen Brandgutachten, dass erst über zwei Wochen nach dem Brand und kurz nach seinem Tod, in Auftrag gegeben wurde, soll Ahmad das Feuer in seiner Zelle selbst gelegt haben. Das Siegel der Zelle, das kurz nach dem Brand angebracht wurde, war zwischendurch gebrochen worden. Laut Berichten des Justizministeriums um weitere Ermittlungen anzustellen. Die Zelle sei danach noch mehrfach geöffnet, aber nur in Augenschein genommen worden. Zudem hält die Landesregierung an ihrer Suizid-Theorie fest. Der Gesundheitszustand Ahmads war ungewiss. Es existieren verschiedene Aussagen in den Berichten über die angebliche Suizidalität Ahmads. Auch eine Borderline-Störung soll in Frage kommen. Ahmads Freunde in Geldern bestreiten, dass er suizidal war, auch der Anstaltspsychologin der JVA Kleve gegenüber erklärte der nur 26 Jahre alt gewordene Kurde, dass er keine Suizid-Absichten habe.
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