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- Kopftuch-Streit
Kein Kopftuch über dem Talar
Niedersachsens Regierung hat Trageverbot für muslimische Richterinnen in der Schublade
Vor drei Jahren hatte Niedersachsens rot-grüne Landesregierung ein aus dem Schulgesetz abgeleitetes Kopftuchverbot für Lehrerinnen gekippt. Ein zuvor schwelendes Hickhack um jenes Kleidungsstück war beendet. Seither dürfen Muslima es im Unterricht tragen. Nun hat die seit einem Jahr amtierende SPD/CDU- Koalition in Hannover ein neues Kopftuchverbot in der Schublade; nicht für die Schulen des Landes, sondern für seine Gerichtssäle.
In einem Referentenentwurf, der dem NDR vorliegt, ist das Verbot durch eine Ergänzung des Niedersächsischen Richtergesetzes bereits formuliert. Wer bei Verhandlungen richterliche oder staatsanwaltliche Aufgaben wahrnimmt, heißt es da, »darf keine sichtbaren Symbole oder Kleidungsstücke tragen, die eine religiöse, weltanschauliche oder politische Überzeugung zum Ausdruck bringen«.
Das Kopftuch ist dort nicht eigens erwähnt, aber allein gegen dieses dürfte die zu erwartende Vorschrift gerichtet sein, denn: Kein jüdischer Richter wird mit Kippa im Saal erscheinen, keine christlich orientierte Staatsanwältin sich ein Kreuz umhängen, kein Ankläger sich ein Parteiabzeichen an die Robe heften.
Landesjustizministerin Barbara Havliza rechtfertigte das geplante Verbot mit der gebotenen Neutralität der Justiz. Von den Fernsehleuten gefragt, warum der neue Passus des Gesetzes gerade jetzt vorbereitet werde, sagte die CDU-Politikerin: Weil es »immer wieder dazu kommt, dass eine Muslima sagt, ich möchte ein Kopftuch tragen, wenn ich als Richterin oder Staatsanwältin auftrete«.
Womöglich möchte die Ressortchefin auch einen Rechtsstreit vermeiden, wie er sich vier Jahre lang in Bayern hinzog. Dort hatte das Justizministerium einer muslimischen Jurastudentin verboten, während ihrer Tätigkeit als Referendarin im Gerichtssaal ein Kopftuch zu tragen. Die junge Frau klagte dagegen, die Sache durchlief mehrere Instanzen, der Verwaltungsgerichtshof wies die Klage schließlich ab. Um für ähnliche Fälle Rechtssicherheit zu schaffen, hatte der bayerische Landtag im Frühjahr 2018 ein neues Richter- und Staatsanwältegesetz verabschiedet, dessen Verbot in puncto Kleidung ganz ähnlich klingt wie Niedersachsens Entwurf.
Er umfasst mehrere Seiten des Erläuterns und Begründens, und die juristischen Feinheiten dort scheinen unverzichtbar beim Durchsetzen des Verbotes, berührt doch der Komplex sowohl das Neutralitätsgebot als auch das Recht auf Religionsfreiheit. Beides ist im Grundgesetz verankert. Auf welch hoher Ebene die »Kopftuchfrage« landen kann, zeigt die Klage einer muslimischen Rechtsreferendarin aus Hessen gegen ein Trageverbot: Die Sache liegt derzeit beim Bundesverfassungsgericht.
Kopfschütteln bei den oppositionellen Grünen in Niedersachsen bereitete die Nachricht, dass Kreuze, die noch in einigen Gerichtssälen hängen, dort bleiben dürfen. »Wer Kopftücher pauschal verbieten will, muss auch Kreuze aus Gerichtssälen verbannen«, betont der rechtspolitische Sprecher der Partei, Helge Limburg. Doch vor diesem Schritt schrecke die konservative Justizministerin offenkundig zurück und provoziere damit gesellschaftliche Konflikte. Im Übrigen sehe die Fraktion die Diskussion um Kopftücher in Gerichtssälen als Scheindebatte, denn, so Limburg: »Wer um richterliche Neutralität fürchtet, kann immer den Weg über einen Befangenheitsantrag wählen.«
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