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Frieden und Entwicklung aus einer Hand
Die Basisinitiative TSURO greift in Simbabwe den Kleinbauernfamilien unter die Arme
»Meine Tiere haben einmal die Maisernte von Mr. Matoro vernichtet?«, erzählt Mrs. Matirekwe. »Darüber gab es großen Streit. Das ist auch anderen immer wieder passiert. Viele von uns mussten zum Gericht des Chiefs (traditioneller Führer, d. Red.) und Strafen zahlen, um den angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Ich habe dabei Bluthochdruck bekommen. Unser Projekt mit TSURO hat jetzt aber Frieden und Ruhe in die Nachbarschaft gebracht.«
Die kleinbäuerliche Basisinitiative TSURO will mit ihrer Arbeit im abgelegenen östlichen Bergland von Simbabwe das Leben und Überleben der ländlichen Gemeinden sichern. Im Fokus der Arbeit von TSURO steht die nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen. Ökologie und Ökonomie gehen dabei Hand in Hand. Denn eine intakte Umwelt stellt mit günstigem lokalen Klima, Wasser, fruchtbarem Boden und Artenvielfalt die Grundlagen für bäuerliches Wirtschaften. Sind Anbau- und Weideflächen knapp oder fällt nicht genug Niederschlag, steigt der Druck auf die natürlichen Ressourcen. Es kommt einerseits oft zum Raubbau an der Natur, zum Beispiel werden Wälder gerodet, um zusätzliche Ackerfläche, Weidegrund oder Holz als kurzfristige alternative Einkommensquelle zu gewinnen. Langfristig verschlechtern sich dadurch die Überlebensbedingungen jedoch weiter. Außerdem kommt es zu verstärkter Konkurrenz und Konflikten um den Zugang zu den natürlichen Ressourcen.
Nicht immer können traditionelle Rechtssysteme, wie im Fall von Mrs. Matirekwe und Mr. Matoro, eine friedliche Einigung herbeiführen. In der Projektregion ist jeder fünfte Mensch Opfer oder Überlebender von Gewalt. Zugang zu Einkommen und Nahrung sind dabei die häufigsten Ursachen. Die Bedingungen für die Arbeit von TSURO sind damit doppelt so schwer.
Die Landverteilung hat sich seit der Kolonialzeit nicht verändert. Die Kleinbäuerinnen und -bauern müssen überwiegend auf unfruchtbaren oder schwer zu bewirtschaftenden Flächen zurechtkommen. Das Land ist knapp. Die natürlichen Ressourcen sind aus Mangel an Alternativen hochgradig übernutzt. Der Verlust von Vegetation zieht Bodenerosion und versiegende Wasserquellen nach sich und damit verbunden einen starken Rückgang der landwirtschaftlichen Produktivität. Zudem haben die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in den vergangenen Jahren auch die Auswirkungen des Klimawandels in Form von anhaltenden Dürren oder sintflutartigen Regenfällen zu spüren bekommen. All das führt zu weniger Familieneinkommen, zu existenzieller Not und Konflikten.
Welche Projekte TSURO vor diesem Hintergrund umsetzt, ist das eine, wie, das andere. Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz. Der dreht sich um das Prinzip, dass die Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen nur dann erfolgreich und nachhaltig sein kann, wenn die Nutzer*innen selbst die Idee tragen und Eigenverantwortung dafür übernehmen. Die Kleinbäuerinnen und -bauern haben auf diese Weise ein selbst lernendes System mit demokratischen und transparenten Entscheidungsprozessen von unten nach oben und dezentraler Kommunikation geschaffen.
Ein weiterer Schlüssel ist die gute Zusammenarbeit mit der lokalen Regierung, mit traditionellen Führern und anderen Akteuren, unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Die Verinnerlichung dieses Grundsatzes merkt man den Menschen auch an, die mit TSURO arbeiten: Jahre der gemeinsamen Arbeit zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen haben bei ihnen eine Haltung des Ausgleichs, kreatives Denken und Fähigkeiten in effektiver Kommunikation geschult. Damit sind sie auch sehr gut gewappnet, um konstruktiv mit lokalen Konflikten umzugehen. TSURO ist bei anderen Akteuren für seine offene, nicht diskriminierende Vorgehensweise geschätzt. Die Satzung der Organisation definiert die Arbeitsweise »nicht als Abgrenzung und Verteidigung von eng gefassten Interessen. Vielmehr zielt TSURO darauf, inklusiv zu sein, sich zu öffnen und die Hände zu reichen.« Und tatsächlich konnten so mit der Lösung und Transformation von Konflikten im gesamten Distrikt nicht nur Gewalt eingedämmt, sondern auch Blockaden für eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen aus dem Weg geräumt werden
Die Viehhalterin Mrs. Matirekwe nahm an einem Projekt zur kollektiven Weidehaltung teil. Ihre sonst frei umherlaufenden Tiere blieben zuvor immer in der Nähe des Dorfes oder von Wasserstellen. Weil auch die anderen Viehhalter es so hielten, wurden diese Gebiete stark überweidet. Auf der Suche nach Futter brachen die Tiere so immer wieder in die Felder ein. Mit den entsprechenden Folgen für das Land. Es gab nichts mehr zu fressen für die Tiere. All das wird durch das Zusammenlegen des Viehs zu gemeinsamen Herden und ein strenges Weidemanagement verhindert. Für die Planung und Umsetzung sind die Viehbesitzer*innen nach vielen Trainings durch TSURO inzwischen vollständig selbst verantwortlich. Sie übernehmen auch im Schichtbetrieb reihum die Hüteaufgaben. Die Ergebnisse sind bemerkenswert. Das Grasland ist wiederhergestellt. Nicht nur haben die Tiere dann ganzjährig Futter. Die knappen Regenfälle versickern durch die schützende Grasschicht im Boden und füllen die Grundwasserspeicher auf, anstatt abzufließen oder in der brütenden Hitze gleich wieder zu verdunsten. Der Grundwasserspiegel ist gestiegen, und kleine Flussläufe führen trotz jahrelanger Trockenheit wieder Wasser. Die Tiere helfen darüber hinaus bei der Bewirtschaftung der Hausgärten und Felder. Dafür werden sie einfach über Nacht auf dem jeweiligen Stück Land mit einem mobilen Zaun eingepfercht. Mit ihren Ausscheidungen düngen sie das Feld auf natürliche Weise, mit ihren Hufen graben sie den Boden um. Davon profitieren auch Kleinbäuerinnen und -bauern ohne eigene Tiere. Frieden in der Gemeinschaft ist ein positiver Nebeneffekt des Projektes. Das beweist das heute wieder gute nachbarschaftliche Verhältnis von Mrs. Matirekwe und Mr. Matoro.
Die positive Erfahrung, gemeinsam Auswege aus existenzieller Not finden und mit Konflikten konstruktiv umgehen zu können, wappnet die Gemeinden auch, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Folge der Dürreperioden der vergangenen Jahre ist auch eine wachsende Zahl von Klimaflüchtlingen. So sind im vergangenen Jahr mehr als 1000 Menschen aus dem Flachland in die für Simbabwe relativ regenreichen Berge des Chimanimani-Distrikts gezogen. Die für Ackerbau und Weidewirtschaft nutzbaren Flächen sind jedoch knapp. Die Neuankömmlinge erhöhen den Druck auf das Land. In ihrer Not betreiben sie unangepasste Landwirtschaft auf stark erosionsgefährdeten Hanglagen, roden Wald und Grasland für Anbauflächen und respektieren die lokal etablierten Landnutzungsregeln nicht. »Ein Baum, der stehen bleibt, hat für sie keinen Wert«, erklärt der Chief des Dorfes Chikukwa. Ein Baum kann als Brennmaterial verkauft oder als Baumaterial genutzt werden. Oder er schafft schlicht Anbaufläche, wenn er weicht. »Dass seine Wurzeln den Boden festhalten, er zu günstigem Mi-kroklima beiträgt und zur Speicherung von Grundwasser, welches dann wieder die Quellen speist, das verstehen sie erst im nächsten Jahr«, so der Chief.
Die Geflüchteten in die Gemeinschaften und ihr Regelwerk zu integrieren und mit ihnen gemeinsam eine langfristige Perspektive zu entwickeln, ist nun eine der wesentlichen Herausforderungen für die Communities. Frieden und Entwicklung sind nur im Rahmen einer langfristigen Zusammenarbeit mit lokal verankerten Organisationen der Zivilgesellschaft vorstellbar. Und: Frieden und Entwicklung sind keine isolierten Projekte, sondern miteinander verschränkte Prozesse, die auch über einen längeren Zeitraum begleitet werden müssen.
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