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Blaue Welle für US-Demokraten noch größer
TJ Cox könnte Wahl in Kalifornien doch noch gewinnen / Zugewinn von 40 Sitzen für Demokraten im Repräsentantenhaus
Am Wahlabend lag er noch mit 8 Prozentpunkten hinten, alle großen Leitmedien wie die Associated Press oder NBC entschieden: der Demokrat TJ Cox hat das Rennen um den 21. Wahlbezirk in Kalifornien verloren. Doch im Zuge der Auszählung von Briefwahlstimmen hat sich Cox Montagnacht vor den republikanischen Amtsinhaber David Valadao geschoben.
Dessen Vorsprung von viertausend Stimmen war in den letzten Tagen immer weiter auf einige hundert Stimmen geschmolzen, nun liegt der Cox mit 438 Stimmen vorne. Hält er seinen Vorsprung oder baut diesen sogar noch aus, wäre es der 40. Wahlkreis für das Repräsentantenhaus, den die Demokraten den Republikanern abnehmen. Als eine »Welle« bezeichnen Politikwissenschaftler in den USA Wahlen, bei denen zahlreiche Mandate von der einen zur anderen Partei wechseln. 2010 etwa eroberten die Republikaner 63 Sitze im Repräsentantenhaus von den Demokraten.
»Das Rennen in California 21 ist noch nicht entschieden, aber das war in der Wahlnacht undenkbar«, schrieb Analyst Dave Wasserman von Cook Political Report auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
»Es sind noch immer viele Stimmen nicht ausgezählt, wir werden dafür sorgen, dass jede Stimme gehört wird«, erklärte Cox am Dienstag auf Twitter. Der Ingenieur und Agrarunternehmer sammelte noch nach der Wahl Spenden, um den »Trump-Lakaien Valadao aus dem Kongress zu kicken«.
In Kalifornien können Briefwähler noch am Wahltag ihre Briefwahlstimme abschicken. Deswegen, und weil die Deadline zur Auszählung aller Stimmen erst Anfang Dezember abläuft, werden in ganz Kalifornien noch Wahlkreise ausgezählt. Nur in den vier Landkreisen, die den Wahlkreis 21 bilden, kann die Auszählung der Briefwahlstimmen das Ergebnis aber noch ändern. Im Wahlkreis sind derzeit noch rund 25.000 Stimmen unausgezählt.
Weil traditionell in Kalifornien viele Demokraten per Briefwahl wählen, beziehungsweise die Briefwahlstimmen in der Vergangenheit deutlich zugunsten der Demokraten ausfielen, ist es wahrscheinlicher, dass Cox seinen aktuell winzigen Vorsprung noch etwas ausbauen wird, als das Valadao erneut die Führung übernimmt.
»California 21« ist der letzte noch nicht entschiedene Sitz bei den Midterm-Wahlen. Er liegt nördlich von Los Angeles im Hinterland des Bundesstaates im ländlichen Joaquin Valley und ist einer von sieben Wahlkreisen, die bei der Präsidentschaftswahl 2016 mehrheitlich für Hillary Clinton gestimmt hatten, aber bislang von einem Republikaner vertreten wurden. Sollte Cox gewinnen wären damit alle Clinton-Republikaner in Kalifornien aus dem Amt gefegt und die Demokraten hätten ihre Dominanz in dem großen Westküstenstaat weiter ausgebaut.
Auch in Orange County, der wohlhabenden Vorort-Region zwischen Los Angeles und San Diego eroberten die Demokraten alle Sitze für das Abgeordnetenhaus. Von hier aus startete Ronald Reagan seine politische Revolution - der fiskalische Konservatismus und das wirtschaftliche laissez-faire, das die Republikaner bis heute prägt.
Ohne Valadao stellen die Republikaner nur noch sieben der 53 Abgeordneten aus Kalifornien. Der Republikaner hatte, wie viele andere Abgeordnete aus der Partei für die Abschaffung von Obamacare gestimmt. Seitdem hatten demokratische Aktivisten vor Ort und Strategen der Partei daran gearbeitet den Bezirk von den Republikanern zu erobern.
Cox richtet seinen Blick aber schon auf die Zukunft und die große Politik: »Trumps Dämonisierung von Migranten hat zum Beschuss von Frauen und Kindern mit Tränengas geführt«, schrieb der Demokrat über die Auseinandersetzungen mit Migranten aus Mittelamerika an der US-Südgrenze. Die USA seien aber »viel besser« sagt Cox. Er ist selber Vater von vier Kindern und Sohn von Migranten.
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