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Privatschule lehnt Kinder eines AfD-Abgeordneten ab
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sieht Entscheidung kritisch / Streit bei Eltern und Lehrern dauert Monate
Berlin. Eine Berliner Waldorfschule verweigert die Aufnahme eines Kindes eines AfD-Abgeordneten - und löst damit eine heftige Debatte über Toleranz, Kindeswohl und Diskriminierung aus. Am Montag schaltete sich Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ein.
Die Juristen von der Schulaufsicht in ihrem Haus würden den Schulträger noch am gleichen Tag um eine Stellungnahme zu dem Fall bitten, kündigte eine Sprecherin an. Senatorin Scheeres sehe es »sehr kritisch«, falls die Schule die Ablehnung des Kindes nach der politischen Gesinnung der Eltern entschieden habe.
Nach einem Bericht der »Berliner Zeitung« soll es schon seit Monaten Streit und heftige Diskussionen bei Eltern und Lehrern gegeben haben. Viele stellten sich gegen die Aufnahme des Kindes, das zusammen mit einem Geschwisterkind den dazugehörigen Waldorf-Kindergarten besucht.
Vergangene Woche fiel die Entscheidung. Zur Begründung wurde das Kindeswohl angeführt. Der Geschäftsführer des Trägervereins der Waldorfschule teilte der »Berliner Zeitung« mit: »Um eine einvernehmliche Lösung des Konfliktes wurde gerungen - sie konnte aber nicht erreicht werden.« Weiter hieß es: »Angesichts dieses Konfliktes sieht die Schule keine Möglichkeit, das Kind mit der nötigen Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit aufzunehmen - beides sind Grundvoraussetzungen, um die Entwicklung des Kindes angemessen zu fördern.«
Die Sprecherin der Senatsschulverwaltung sagte: »Private Schulen können natürlich selbst entscheiden, ob sie Schüler aufnehmen oder nicht.« Das stimmt - einerseits. Bei kirchlichen Schulen spielt die Nähe der Familien zur Religion durchaus eine Rolle. Private Gymnasien legen Wert auf sehr gute Noten der Bewerber. Anderseits sagt die Sprecherin: »Es stellt sich natürlich die Frage, widerspricht die Entscheidung dem Anti-Diskriminierungsgesetz?« Sie meint das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) des Bundes.
Dort steht im Paragraf 1: »Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.« In Paragraf 2 heißt es, Benachteiligungen aus den genannten Gründen seien unter anderem unzulässig in Bezug auf Bildung.
Die Grundsätze der Waldorfschulen versprechen das Gleiche. Das Schulkonzept geht auf den Anthroposophen Rudolf Steiner zurück und betont die freie Entfaltung der Schüler, künstlerische Bildung und den Verzicht auf Noten und Sitzenbleiben. Steiners Schriften enthalten aber nicht nur viel Esoterik, sondern auch rassistische und antisemitische Klischees, wie heute kritisiert wird.
In einer »Stuttgarter Erklärung« gegen Diskriminierung des Bundes der Freien Waldorfschulen heißt es, die Schulen würden alle Menschen als gleich an Würde und Rechten ansehen, »unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, nationaler oder sozialer Herkunft, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung«.
Der Sprecher des Bundes, Henning Kullak-Ublick, sagte: »Generell gilt, dass unsere Schule für alle Kinder offen sind.« Allerdings agierten die Schulen eigenständig. »Wir wünschen uns aber, dass die Entscheidung noch mal reflektiert wird.« Die Debatte könne Anstoß sein für einen Lernprozess beim Thema Toleranz.
In Wien hatte ein längerer Streit zwischen einer Waldorfschule und einer bekannten Autorin aus rechten Kreisen für Aufregung gesorgt. Im Sommer kündigte die Schule den Kindern der Mutter. Ehemann der Frau und Vater der Kinder ist der prominente linke Kulturtheoretiker Helmut Lethen. Der österreichischen Zeitschrift »Profil« sagte er: »Es ist mir unbegreiflich, dass ein weltanschaulicher Konflikt von Eltern mit der Schulleitung auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird. Die Neuen Rechten könnten sich freuen - jetzt haben sie wieder ein Argument.«
Der Berliner AfD-Fraktionsvorsitzende Georg Pazderski sprach am Montag von »Ausgrenzung und Sippenhaft«. Der betroffene AfD-Abgeordnete will sich zu seiner Auseinandersetzung mit der Schule nicht äußern und mit seinem Namen nicht erwähnt werden, auch um die Kinder zu schützen. Für ihn sei der Schulbesuch seiner Kinder ein privates und kein politisches Thema, hieß es. dpa/nd
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